Deswegen kehrt die Jugend (Glemseck, Ace Café, noch stärker: Wheels & Waves) zum Ursprung zurück: Waren es in den 60ern und 70ern alte ausgemusterte Polizeiharleys, die zu wilden Starrahmenchoppern bar jeder Funktionsververbesserung (vielleicht die Beschleunigung, ein bisschen) gegenüber dem spiessigen Ausgangsprodukt umgebaut wurden, so baut die Jugend seit 2010 zunehmend alte BMWs (Symbol der Polizeimaschine!) und Japaner aus den 70ern und 80ern zu sinnbefreiten Café Racern, Scramblern und wilden Mischungen um. Heute verabreden sich diese Jungs z.B. in Frankfurt per Whats App, früher halt per Pony Express. Und genau wie Willy G. mit der Superglide und die Japaner mit den unsäglichen Soft Choppern, versucht heute die Industrie mit Retrobikes wieder auf den Zug aufzuspringen , bis auch diese Bewegung wieder endgültig im Mainstream angekommen ist. Wenn man nicht Mainstream sein will, muss man bei Harley eben einen StarrRahmenchopper oder Sporty fahren oder bei BMW eben einen Zweiventiler. Da kriegen die Mainstreamopfer es aber mit der Angst zu tun, sie täten sich technisch ein bisschen auskennen müssen, in Verkennung der Tatsache, das genau dieses Risiko den Lifestyle vom Mainstreamimitat klar abgrenzt. Übrigens, Exakt die Sporty bewegt sich an der Schnittstelle dieser beiden Welten. Die Roadster zeigt: Harley hat verstanden. Bei Wheels and Waves habe ich den ersten offiziellen Harleystand meines Lebens ausschließlich mit Sporties (Umbauwettbewerb der Dealer) gesehen. Gleichzeitig gefiel dieses Festival durch die wohltuende Abwesenheit von spiessigen Tourern jeglicher Art und Marke. Da ist Glemseck schon etwas weniger klar und Ace Cafe (gibt's schon seit Ende der 90er als Startpunkt dieser neuen Scene) schon gar nicht mehr. Also, der Mythos lebt durch seine Protagonisten . Logisch, dass die Mainstreamopfer nicht gerne hören mögen, dass man sich einen solchen Mythos nicht kaufen kann, sondern erarbeiten muss. Notfalls lässt man sich, wie in den 60ern und 70ern, seine Maschine von Fachleuten wenigstens nach eigenen Ideen umbauen. Schon die Easy Rider Chopper sind so entstanden. Wenn die Mainstreamopfer das akzeptieren würden,müssten sie sich ja eingestehen, dass sie sich von der Industrie für viel Geld haben verarschen lassen. Am krassesten wird dies klar bei Triumph Classics, die uns allen Ernstes wassergekühlte Fakes, die nicht mal Gleichläufer sind , sondern wie Ducatis klingen sollen, als echte englische Twins verkaufen wollen. Der M8 bewegt sich noch knapp unter diesem Level, aber nur noch sehr knapp. Was will man an dieser Monstrosität noch umbauen? Genau, Umbauen, Kreativität, anders sein, Build, not bought, dass hat doch den Mythos immer getragen, ob gestern oder heute. Wie kann man sich da nur von der Industrie einreden lassen, das könne man an der Ladentheke fix und fertig kaufen. Aber da gibt's ja auch hier im Forum einige Vertreter. Vielleicht kommt von Honda ja bald ein Retrobike , das die Güllepumpe als Café Racer imitiert.
Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von niterider am 19.09.2016 23:03.