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Geschrieben von Rumfahrer am 21.06.2015 um 18:58:

kreative Hobbys

Da man sich nicht das ganze Jahr mit dem Motorrad beschäftigen kann, habe ich mal ein neues Thema gestartet. Hier kann jeder mal zeigen, was es so alles an kreativen Hobbys hat. Wie schon im Beitrag "Messer" angekündigt, möchte ich hier einmal den Bau eines Bogens in recht aufwändiger Art zeigen. Ich habe in der Vergangenheit schon einige Bögen gebaut und wollte mal was richtig ausgefallenes bauen. Da ich mich für das Leben der Indianer Nordamerikas interessiere, sollte es ein Bogen der Plains-Indianer werden. Diese Bögen war zum Teil mit Tiersehen verstärkt und somit sehr leistungsstark. Ein normaler Holzbogen verliert über die Jahre einiges an Zugkraft und somit an Leistung. Ein sehnenverstärkter Bogen ist dagegen schon high-tech.. Die Verwendung von faserverstärkten Materialen war auch schon damals bekannt, nur nutze man früher hierzu Tiersehnen. Ich habe im Neandertal Museum die Möglichkeit gefunden, solch ein Projekt umzusetzen. Als Holz hatte ich mir Osage Orange ausgesucht, welches damals von den Indianern aufgrund der hohen Leistung und Stabilität genutzt wurde. In unseren Breiten war eher Eibe zum Bogenbau bekannt. Man kann auf den Bildern sehen, wie so ein Bogen schritt für Schritt entsteht. Den Bogen in die gewünschte Form zu bringen geschieht mit einem Zieheisen welches man vorsichtig mit beiden Händen über die Holzoberfläche bewegt. Am Abend kannst Du dann keinen Lenker mehr Halten, so anstrengend ist die Arbeit und Blasen sind vorprogrammiert.
Zwischendurch wird immer wieder überprüft, ob sich die Bogenarme gleichmäßig biegen. Das angestrebte Zuggewicht sollte so bei ca. 40-45 Pfund liegen. Nachdem die Holzbearbeitung abgeschlossen war, wurden die Wurfarme an den Enden leicht nach Vorne gebogen. Diese geschieht durch biegen um eine Schablone mit gleichzeitigen Erhitzen mit Wasserdampf. Hiernach werden die Nocken für die Bogensehne angebracht und in Form gefeilt und anschließen geschliffen und auf Hochglanz poliert. Das werden dicke Sehnenbündel aus den Beinen von Rindern auf einem Stahlstück faserig geklopft und mit einem Stahlkamm ganz fein ausgekämmt.
Hat man nach dieser ebenfalls sehr anstrengenden Arbeit genug Fasermaterial zusammen, wird dieses mit Hautleim eingeweicht und dann die ganze Pampe vorsichtig und gleichmäßig auf der Vorderseite des Bogens Schicht für Schicht aufgetragen. Ist diese Arbeit zufriedenstellend verlaufen, kann man gut 4 Wochen warten, damit alles schön durchtrocknet. Danach erhält der Bogen seinen endgültigen Schliff. Dann wird ebenfalls wieder mit Hautleim auf beiden Wurfarmen eine vorher eingeweichte Klapperschlangenhaut aufgebracht und an den Rändern sauber mit einer Rasierklinge abgeschnitten. Die vom Finish her noch unbehandelte Bogenrückseite, welche zum Schützen hinweist, wird über einige Wochen Schicht für Schicht mit Leinöl versiegelt. Dann noch eine Bogensehne flechten, Feuersteinspitzen herstellen und diese stilecht mit Birkenpech und feiner Sehnenwicklung in den bereits befiederten Schaft fixieren. Ist doch alles ganz einfach, oder?

Jochen


Geschrieben von Rumfahrer am 21.06.2015 um 19:07:

und weiter geht es...


Geschrieben von Sturm am 21.06.2015 um 19:11:

Gute Arbeit . Was haben denn die Indianer anstatt Leinöl genommen ? Tierfett wahrscheinlich, oder ?Hast Du Abnehmer dafür oder behälst Du den für Dich ? Einschießen muss man so ein Teil auch noch oder ?.

Gruß Wolfgang.

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Wer lächelt großes Grinsen gewinnt öfters Freude .....


Geschrieben von Rumfahrer am 21.06.2015 um 19:14:

letzte Arbeiten und Fertigstellung.

Jochen


Geschrieben von Rumfahrer am 21.06.2015 um 19:17:

Die Indianer werden wohl Fett verwendet haben. Aufgrund der Sehnenbeschichtung musste der Bogen immer trocken verwahrt werden. Anfangs muss man den Bogen vorsichtig spannen und "einschießen". Ich habe etliche Bögen und dieser befindet sich in meiner Sammlung.

Jochen


Geschrieben von schmacko am 22.06.2015 um 06:00:

Interessante Arbeit.
Wie schießt sich so ein Bogen?
Wie weit kann man damit treffsicher schießen?
Und wo hattest du denn die Klapperschlange her?

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Ralf


Geschrieben von Rumfahrer am 22.06.2015 um 07:15:

Hallo Ralf

Der Bogen lässt sich angenehm und weich ausziehen. Die Zugkraft liegt bei 43 Pfund. Ich schieße mit dem Teil so auf 25 Meter. Da ich etliche Bögen habe, nutze ich diesen nicht so oft. Klapperschlangenhaut und viele andere verrückte Werkstoffe kann man ganz normal über spezielle Versender in Deutschland bestellen.

Jochen