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Geschrieben von DéDé am 30.11.2018 um 19:30:

Sooo, hier bin ich wieder nach längerer Krankheit und möchte mal wieder mit einem Technikbeitrag dieses tolle Forum bereichern. Ich wünsche euch jetzt schon viel Spass beim Lesen.

Viele wissen, dass ich mich gerne mit Sportster Modellen zwischen 2004 und 2006 befasse, also die letzten Vergaserbaureihen im aktuellen Rahmen. Diese Maschinen sind mittlerweile selten und teuer geworden. Ich habe mich entscheiden etwas weiter zu fahren um so eine Maschine zu kaufen, um über das Jahr von Zeit zu Zeit die erforderlichen Arbeiten zu erledigen. Die Maschine steht wirklich gut da, hat 58 tsnd km gelaufen, läuft wie ein Sack Nüsse, hat ordentlichen Wartungsstau, hat aber keine außergewöhnlichen Laufgeräusche oder  Ähnliches. Dass ich ein gewisses Risiko gehe, war mir klar dafür hat der Preis gestimmt

Ausgangslage 2004er 883er

20180616_002741 by DéDé1963, auf Flickr
20180616_061707 by DéDé1963, auf Flickr
 

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Geschrieben von DéDé am 30.11.2018 um 19:37:

Wie man unschwer erkennen kann hat die Maschine doch ein Paar ernsthafte Probleme. Es wurde zunächst ein undichtes Manifold und Luftfilterdichtungen diagnostiziert und nach der Reparatur lief es schon deutlich besser.


20180615_134337 by DéDé1963, auf Flickr




Ich bin dann mal 2 Tankfüllungen mit Brennraumreiniger gefahren in der Hoffnung, dass sich die Kompression etwas verbessert, weil die Maschine fast 4 Jahre nicht, oder nur ganz selten, bewegt wurde. Leider hat das nichts gebracht
 

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Geschrieben von DéDé am 30.11.2018 um 20:30:

Zwischenzeitlich habe ich ein bischen analysiert: Ich kann  sagen, dass sie jetzt mit der neu abgedichteten Ansaugbrücke, und einem einigermaßen eingestellten Vergaser ganz gut läuft. Aber ich bringe kein vernünftiges Standgas zusammen, es klingt alles ein bischen wie ein Einzylinder, obwohl diese Maschinen einen so schönen potatoe Sound haben könnten.

Also geht es jetzt ans Zerlegen um der Sache auf den Grund zu gehen. Ich nehme es vorweg, einen grundsätzlichen Fehler konnte ich nicht finden


20180719_081449 by DéDé1963, auf Flickr

Da ich ein komplettes Top End einer 2010er Iron (1600 km Laufleistung) hier liegen hatte, war der Plan klar, ich führe eine Transplantation
durch, zunächst nur Kolben und Zylinder und die Köpfe werden gemacht sofern erforderlich. Man kann ganz gut sehen, wie sich die knapp 60.000 km der Kolben im Bereich der Teflonbeschichtung auswirken, im Vergleich zu den Kolben mit 1600 km. Aber grundsätzlich sieht das alles ganz gut aus. Rechts der "alte" und links der "neue"


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20180719_145039 by DéDé1963, auf Flickr

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Geschrieben von DéDé am 30.11.2018 um 20:46:

Nun kommt einer der erstaunlichsten Punkte, ich hatte nun beide Köpfe demontiert, legte sie waagrecht auf den Kopf, um die Brennräume mit Bremsenreiniger zu füllen, um eventuellen Undichtigkeiten auf die Schliche zu kommen.

20180719_072804 by DéDé1963, auf Flickr


Beide Köpfe hatten bei meinem Test keinerlei Flüssigkeitsverlust, nicht mal einen Tropfen, so dass aufgrund dieser recht sicheren Methode davon auszugehen war, dass die Köpfe in Ordnung waren, die Brennräume sahen ebenfalls super aus, kaum Ablagerungen, so dass ich zunächst davon ausging, dass das Problem wohl mit dem vorderen Kolben oder den Ringen zusammenhängt.

Grundsätzlich kann ich sagen, dass die knapp 60 tsnd Kilometer für die Lebensdauer einer Sportster ab 04 und jünger kein grundlegendes Problem darstellen, zumimdest kann man bei normaler Fahrweise davon ausgehen, dass diese Maschine ihre 100 tsnd km läuft und dann vielleicht mal die Köpfe zu machen sind. Insofern war dies hier auch schon relativ ungewöhnlich, zumal ich bei dieser Maschine, trotz akriebischer Kontrolle, überhaupt keinen Ölverbrauch feststellen konnte.

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Geschrieben von DéDé am 30.11.2018 um 21:34:

So jetzt aufgepasst, ich fasse nun 3 Tage zusammen.
Es ging es an den Zusammenbau mit einem neuen James Dichtungssatz und der Probefahrt am Folgetag stand nichts im Wege. Ergebnis: geringfügig mehr Power, aber keine Veränderung in der Kompression, der vordere Zylinder war nach wie vor zu schwach auf der Brust.

Hmmm.... Köpfe dicht, neue Kolben und Zylinder....

Um alles asuzuschließen, also auch veränderte, nachlassende Kompression bei betriebswarmem Motor, entschloss ich mich am Folgetag nun auch die Köpfe der Iron mit 1600 km Laufleistung zu montieren, eine Probefahrt eine Kompressionsprüfung durchzuführen.

20181003_114047 by DéDé1963, auf Flickr

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Geschrieben von DéDé am 30.11.2018 um 21:51:

Die Iron Köpfe waren schnell montiert, allerdings muss man ein Paar Dinge wissen, um das passend zu machen. Für die Kenner, man kann EFI Iron Köpfe ab 09 nur mit den Kopfdichtungen 16664-86D montieren, also ohne die O-Ringe zwischen Kopf und Zylinder. Des Weiteren braucht man die Ansaugflansche 27327-07A der EFI Modelle mit den passenden Schrauben. Diese Teile sind sehr günstig beim Freundlichen zu bekommen. Da EFI-Köpfe ihre Ansaugplanfläche 1,4mm tiefer sitzen haben, als die Köpfe der Vergaserversionen, ist nun das Vergasermanifold eigentlich 2,8 mm zu schmal. Die Fachkundigen hier können das aber trotzdem montieren, man muss nur sorgfältig genug arbeiten.
Es gibt ein Leistungsmanifold das 100% passt und kann über Hammer performance bezogen werden.

20180929_163724 by DéDé1963, auf Flickr

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Geschrieben von DéDé am 30.11.2018 um 22:05:

Es war nun alles wieder montiert, und ich nehme es mal vorweg, an den Köpfen und Zylindern war jetzt nichts mehr zu machen, es war ja alles quasi neuwertig und mechanisch sollte da jetzt auch nichts mehr sein.
Zwischenzeitlich dachte ich mehr und mehr über die mit Bremsenreiniger gefüllten Köpfe nach, die doch dicht waren + neue Kolben und Zylinder, aber keine Verbesserung brachten. So ganz leise hegte ich den Verdacht, dass vielleicht mit den Steuerzeiten etwas nicht stimmen könnte. Mein Sohn, gelernter Audi Mechatroniker, der beim Zusammenbau half, sagte auch einen Tag zuvor...... überprüfe mal die Steuerzeiten..........................

Nun, ich hatte jetzt eine wunderschöne Sportster mit neuem Top End, jetzt schwarze Zylinder und Köpfe

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und ein super geiles Manifold


20181004_182059 by DéDé1963, auf Flickr


 

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Geschrieben von DéDé am 30.11.2018 um 22:17:

Testfahrt war okay soweit, aber im unteren Drehzahlbereich weit weg von sauber laufen, geschweige denn super Vergaser Standgas
Also Kompressionstest warm. Kerzen raus und bei Vollgas mindestens 6 Motorumdrehungen laufen lassen

20181013_095653 by DéDé1963, auf Flickr

Ich zeige nun beide Kompressionsbilder zum Vergleich....

also von Mai 2018 und Oktober 2018


20180616_061707 by DéDé1963, auf Flickr

20181013_175006 by DéDé1963, auf Flickr

 

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Geschrieben von DéDé am 30.11.2018 um 22:28:

Erkenntnis: Man sieht die verbesserte Kompression, aber das grundsätzliche Problem ist nach wie vor da! Ohne irgend einen weiteren Schritt zu unternehmen war jetzt klar, es kann eigentlich nur an den Steuerzeiten liegen. Nun war es so, dass ich zu diesem Fahrzeug alle Unterlagen hatte, sogar eine Kopie der kanadischen Zulassung, sie ist von 2004 -2014 in Kanada gelaufen, und ich habe einen kompletten Ordner mit allen Unterlagen und Werkstsattrechnungen, nichts, aber auch gar nichts deutete darauf hin, dass mal irgend etwas an den Nockenwellen gemacht wurde, oder die cam cover Dichtung ersetzt wurde.

Also nächster Schritt, Tank, Rockerboxen, Auspuff und cam cover runter, um die Steuerzeiten zu überprüfen.


20181015_224831 by DéDé1963, auf Flickr

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Geschrieben von DéDé am 30.11.2018 um 22:39:

Man sollte immer die Rockerboxen lösen um den Ventiltrieb, bzw. die Nockenwellen zu entlasten, vorher kann man das cam cover, den Nockenwellendeckel nicht ohne Weiteres abziehen. Zur Überprüfung der Steuerzeiten muss die Maschine aufgebockt sein, und man muss zuvor den  5. Gang eingelegt und die Kerzen entfernt haben. Dann muss das Hinterrad soweit bewegt werden (wie Fahrmodus) bis die Markierung der Einlassnockenwelle des hintern Zylinders auf der Markierung des pinion gear der Kurbelwelle steht.


20181015_171813 by DéDé1963, auf Flickr



So, und dieses Bild ist eigentlich schon des Rästsels Lösung, die Kenner unter euch sehen vermutlich auch schon was da nicht simmt.............

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Geschrieben von DéDé am 30.11.2018 um 22:52:

und morgen kommt der Rest, jetzt dürft ihr mal, falls ihr möchtet

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Geschrieben von George am 30.11.2018 um 23:15:

Sehr geil, wie immer!!!

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When your chopper is broken you fix it. When you are broken your chopper fixes you.


Geschrieben von Bernde am 01.12.2018 um 09:25:

Hier das Bild zum folgenden Text vom D².



Augenzwinkern



 

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   Grüßung Bernde
 


Geschrieben von DéDé am 01.12.2018 um 11:06:

Thx George, und Bernde von dir hätte ich ja auch nichts Anderes erwartet, aber kuck noch mal genau, ein weiterer Fehler ist noch da. Ich habe auch ne Weile gebraucht. Was soweit mal ganz klar und erkennbar ist, die Einlassnockenwelle des hintern Zylinders (mit dem Mastergear) sitzt 100% korrekt, aber die Einlassnockenwelle des vorderen Zylinders ist um ein Zahn verdreht.... die Markierung zum dazugehörigen vorderen Auslass, Punkt zu Punkt stimmt zwar, etwas zu weit oben, da aber die Einlassnockenwelle v. falsch sitzt, wurde der Fehler logischerweise auch weiter zum Auslass v. übertragen...

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Geschrieben von Bernde am 01.12.2018 um 11:29:

zum zitierten Beitrag Zitat von DéDé
die Einlassnockenwelle des vorderen Zylinders ist um ein Zahn verdreht

... was ich durch den roten Punkt zum Ausdruck bringen wollte.
Die gelben Punkte sind die Folgefehler: Ventil(e) machen im Kompressionstakt (vorne) nicht richtig zu.



Kam das so vom Werk oder war da schon ein Werktätiger dran?


 

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   Grüßung Bernde