In der guten alten Zeit konnte man Vtwins, Paralleltwins und Boxer (= Flattwins), also alle mit (nur nahezu bei Vtwins) parallel runtergehenden Kolben dadurch billigst für Rennen frisieren, daß man Löcher in das Kurbelgehäuse bohrte. Das brachte ca 15% (!) mehr Drehmoment über die ganze Drehzahlspanne, einen irren Ölverbrauch und Stürze für die Verfolger, weswegen es Ende der Zwanziger verboten wurde.. Daran sieht man, wie hoch der Überdruck ist, wenn die Kolben runtergehen.
Der Zweitakter brauchte diesen immensen Überdruck schon immer, um das Frischgas durch den Überströmkanal über den Kolben zu kriegen und um das Öl aus dem Zweitaktgemisch auszukondensieren, damit es die für diese Schmierung erforderlichen Wälzlager schmieren kann. Das abgetropfte Öl wird dann bekanntlich über den Überströmkanal zum Auspuffschlitz hinausbefördert, weswegen Zweitakter blau qualmen.
Der 4-Takt- Einzylinder und der Twin (V/Parallel/Flat) hatten bis in die dreißiger Jahre Frischölschmierungen mit Öltanks wie Zweitakter mit Getrenntschmierung (Quelle "Das Kraftrad, Technik, Pflege, Reparaturen 1937") und brauchte diesen Überdruck, um das von den für diese Schmierung wie beim Zweitakter erforderlichen Wälzlagern abgeschleuderte Öl durch die Kurbelgehäuseentlüftung auf die Sekundärkette zu befördern.
Beim heutigen Twin mit Ölabsaugung in den Öltank (Harley) oder direkt zurück in den Schmierkreislauf (Drucklumlaufschmierung) ist dieser Überdruck nur noch leistungsmindernd und wird i.d.R. durch die Kurbelgehäuseentlüftung in Gestalt eines Membranventils mit nachgeschaltetem Ölabscheider aus Umweltgründen zurück in den Ansaugtrakt gefördert. Das Membranventil reduziert den Überdruck, erzeugt aber beim parallelen Hochgehen der Kolben dafür einen gewissen Unterdruck, der aber das Öl besser in den Kurbelraum saugt (vor allem bei gleitgelagerten Motoren = alle 4-Takter außer Harley wegen hohen Öldruckbedarfs wichtig).
Dieser Beitrag wurde schon 2 mal editiert, zum letzten mal von niterider am 29.01.2011 20:00.