Korrekt, Der Nachlauf ist die zweite entscheidende Größe, hier kann schon ein einziges Grad Veränderung in die falsche Richtung verheerende Folgen haben.
Nach meinem Verständnis geht es hier um den üblichen Einbau einer ironhinterfelge als Vorderrad, damit ich nur das Ironvorderrad ersetzen muss, also nur eine Austauschfelge bezahlen muss, um die gewünschte Bobberoptik zu erzielen. Das umzubauende Motorrad ist nach meinem Verständnis das weiße im rechten Bild in der Frederöffnung. Die Felgen sehen nach meiner Optik wie Ironfelgen aus. Ich kann mir schlechterdings nicht vorstellen, das einer auf die Idee kommt, in eine Iron vorne eine 48-Felge einzubauen ( was bei kostenintensivem Umbau auf den 48-Nachlauf unbedenklich wäre) und hinten die Ironfelge drinlässt. Wie soll denn das aussehen? Ok, vielleicht habe ich da zu weit vorgedacht, es gibt ja die ungewöhnlichsten Geschmäcker.
Zur Frage mit dem Vorderrad: Wenn ich vorne eine Original 48er -Gabel mit Originalbrücken und mit Originalspeichenfelge einbaue, habe ich natürlich den ab Werk berechneten und getesteten Nachlauf und die ab Werk berechnete und getestete DrehmassenVERTEILUNG über den Radius des Vorderrades. Es kommt also auf die Umfangsgeschwindigkeit der Masse an. Der Umfang eines Kreises ist 2mal Pi mal Radius. Wenn ich selbst die gleiche ( was beim Vergleich eines Ironhinterrades mit einem 48-Vorderrad offensichtlich nicht der Fall ist) Drehmasse um ein 6tel des bisherigen Abstands, den sie vorher in der Orginal-Ironvorderfelge zu Achsmitte hatte, durch den Austausch mit einer Ironhinterfelge nach innen schiebe, habe ich Ihre Umfangsgeschwindigkeit und damit ihre stabilisierende Wirksamkeit bereits um die Hälfte !!! reduziert! Außerdem, ( was viel schlimmer ist), habe ich die Resonanzfrequenz des gesamten um die Lenkachse schwingenden Systems verschoben! Durch die viel breiteren Reifen habe ich auch noch den Radius und damit das Drehmoment von Störkräften ( Buckel, Schlaglöcher) zur Lenkachse drastisch erhöht Die Erhöhung der Dämpfung durch die größere Auflagefläche ist da nur ein schwacher Trost. Nicht umsonst habe echte Enduros vorne extrem schmale Reifen. Ein Motorrad muss um die Lenkachse schwingen, um nicht umzufallen , das weiß jeder, der sich durch ein Schlagloch in den 80ern mal die damals billigen Lenkkugellager der Japaner plattgekoppt hatte. Das Motorrad wird sofort unfahrbar. Nur darf es eben nicht mit seiner Eigenfrequenz schwingen, weil es sich dann aufschaukelt, bis die Gabel von Anschlag zu Anschlag schwingt. Deswegen wird die Schwingende Masse, die Geometrie und die Dämpfung durch das Reifengummi auf der Stasse so konstruiert, dass diese Eigenfrequenz im sicheren Abstand über der Höchstgeschwindigkeit liegt. Das macht oft nur wenige Gramm, mm und Winkelgrade aus, um hier drastische Verschiebungen ins bessere oder schlechtere zu erreichen. Wer einmal die Komplexität dieser Formeln gesehen hat, wird als Bastler tunlichst die Finger davon lassen! Wer an diesen Größen etwas ändert, ist lebensmüde!
Schön zu sehen ist das auch bei den 60er-Jahre-Choppern: Technisches Ziel war es ja ursprünglich, durch massives Abspecken der originalen Bigtwins jener Zeit eine Höhere Beschleunigung und Endgeschwindigkeit zu erreichen. Der Gabelrake sollte beim Beschleunigen stabilisieren. Damit und mit der höheren Endgeschwindigkeit handelte man sich eine gefährliche Annäherung an die Eigenfrequenz des um die Lenkachse schwingenden Systems ein. Daher musste man geradezu zwangsläufig ein 21!!!!!-Zoll Vorderrad einbauen, um die Umfangsgeschwindigkeit der Drehmasse und damit ihre stabilisierende Wirkung zu erhöhen. Eine Verschiebung von 16Zoll auf 21 Zoll im DurchMesser ist eine Verschiebung um 1/3 im Durchmesser und Radius nach außen womit man die Umfangsgeschwindigkeit bereits vervierfacht hatte. Da konnte man auch zur weiteren Stabilisierung von fetten auf schmale Vorderreifen umrüsten und hatte infolge der Vervierfachung !!! Der Umfangsgeschwindigkeit immer noch genug Drehmasse. Das das optisch toll aussah, war ein Abfallprodukt der technischen Überlegung. Die damaligen Chopperbauer waren absolut fähige Fahrwerkstechniker und jeder hütete ängstlich die Kalkulationsverfahren seiner Fahrwerksdaten , die er durch aufwendige Fahrversuche ermittelt hatte. Die Annahme, das wäre laienhafte Garagenbastler gewesen, ist leider naiv, auch wenn ihre Werkstätten vielleicht diese Coole Optik haben sollten. Der Erbauer von " Captain America" in Easy Rider beispielsweise war vorher Mathematiklehrer gewesen. Sorry, aber so simpel, das man einfach ein anders Vorderad und vielleicht andere Gabelbrücken dranschraubt, ohne die Physik dahinter verstanden zu haben, ist die Sache leider nicht, auch wenn sich jetzt der eine oder andere in seiner Bastlerehre gekränkt fühlt, was nicht meine Absicht ist . Die Garagenbastler haben sich damals genau an die Vorgaben der professionellen Chopperbauer gehalten, von denen sie ja notgedrungen die Teile bezogen.
Dieser Beitrag wurde schon 13 mal editiert, zum letzten mal von niterider am 21.11.2015 02:03.