Genau, da werden die Kunden lieber die „XL“ Stormbreaker von Shineray statt eine „HD - Sprint“ nehmen. Zumal auf die Stormbreaker wahrscheinlich sämtliches XL-Zubehör des Aftermarkets passen würde.
Das Problem der Sportster war „Jahrzehnte lang“, wie Zeitz beklagt, die geringe Marge wegen ihres Kurbeltriebs (genauso teuer zu produzieren wie beim BT) und ihres aufwendigen Ventiltriebs (teurer zu produzieren wie beim BT). Aber genau deswegen wurde sie von ihrer Zielgruppe geliebt: weil sie dadurch eben eine richtige kleine Harley mit technischen Wurzeln bis zurück zur D von 1929 war. Mit dieser Überlegung hat die €5+-Scrambler von Ducati immer noch den Pantah-Motor von 1978 mit der kostspieligen Desmodromik der 60er Jahre, weil eben der gleichen Zielgruppe so das Gefühl vermittelt wird, eine richtige kleine Ducati zu haben. Der patriotischen Zielgruppe in den USA zuliebe wurde die XL bis zuletzt nur dort produziert, und auch Ducati legt größten Wert darauf, dass seine einheimische genauso patriotische Zielgruppe nur aus Bologna beliefert wird. Das thailändische Werk darf nur Asien beliefern.
Wir Deutschen sind da (wenig überraschend) die große Ausnahme: uns kann man BMW F900 und dergleichen mit Allerweltsmotoren aus Loncin andrehen, Hauptsache, der prestigeträchtige Propeller ist drauf. Daher ist auch unsere spezifisch deutsche Zielgruppensicht auf die Sprint im speziellen und das Thema „Produktionsland“ im Allgemeinen völlig irrelevant. US-Amerikaner, Italiener und andere wollen eben, wenn sie eine amerikanische oder italienische Marke kaufen, dass Gefühl haben, daß dies auch ein „richtiges“ Motorrad eben aus diesem Land ist. Und nein, auch wenn jetzt damit wieder mal einer um die Ecke kommt: In den USA muss der „local Content“ mit dem Preis ausgewiesen werden, also den Kunden verarschen, alle Teile aus China beziehen und dann nur noch in USA zusammenschrauben (= „CKD-Fertigung“) und behaupten, das Motorrad wäre ein US-Produkt, is nich. Aus dieser Regelung mag man ersehen, wie wichtig der US-Zielgruppe dieses Thema ist.
Ein Neukonstrukt als seelenloses Konvolut der im Weltmarkt erprobten kostengünstigsten Konstruktionsmerkmale aus einer Billiglohnproduktionsstätte in Fernost erzeugt dieses Gefühl eben gerade nicht. Das kann dann nur der „Commodity“-Zielgruppe angedient werden, die sich dadurch auszeichnet, dass sie das reine Preis-Leistungsverhältnis scharf kalkuliert, weshalb diese Zielgruppe niemals Harley- oder Ducatipreise, und schon gar nicht für eine Allerweltskonstruktion, zahlen würde. Den Wettkampf um diese Zielgruppe gewinnt also der, der am meisten PS oder Ausstattung fürs Geld liefert, das waren früher die Japaner und sind heute die Chinesen. Entweder ist Zeitz wirklich so hypertroph, dass er meint, er können trotz Scheitern der XG eine Allerweltskonstruktion aus Fernost zu HD-Preisen verkaufen, oder er will tatsächlich in den Preis-Leistungswettbewerb eintreten, und das geht nur mit chinesischen Produktionsstätten, was zumindest in den patriotischen USA und in vielen anderen Ländern außer D auch die Sprint von vornherein zum Scheitern verurteilen würde.
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„I don‘t like valves that look like golf tees. Intake valves should be the size of trash can lids, and pistons should be the size of manhole covers“ (Jay Leno)
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