Ein Sommernachmittag im Straßencafé: Mein Blick wandert gefällig auf mein auf der anderen Straßenseite abgestelltes Töff. Am Rücklicht bleibt er hängen. Das sieht doch aus wie….., tatsächlich, eine der beiden Schrauben, die das Rücklichtglas festhalten, fehlt.
Kein Thema, denke ich. Gefühlt haben sowieso 75% aller Mopeds mit Zubehörrücklicht eines der immer gleichen 3 Modelle: Sparto, Cat Eye oder das, das ich auch habe: Lucas Style. Und überhaupt, ich erinnere mich, dass ich genau das neulich mal bei Hein G. im Regal gesehen habe.
Also schnell noch vorbei, ein Ersatzschräubchen besorgen. Leider gibt es das aber nicht. Einzelne Schrauben verkaufen die nicht. Das gleiche bei der benachbarten Polo Niederlassung und bei Tante L.
Sei`s drumm. Am Samstag fahre ich in den örtlichen Baumarkt, kein so`n Kettendings, sondern noch so einer mit Beratung. Ich gebe also das mittlerweile entfernte zweite Schräubchen der Fachkraft und bitte um „noch so eines“. Tja. Der Mann runzelt die Stirn, hebt eine Augenbraue, probiert eine Mutter und befindet: „Hamwanich. Is zöllich.“ Tja, das klingt ja logisch, wieso sollte ein deutscher Baumarkt zöllige Schrauben haben? Aber wieso sind in einem Zubehörrücklicht solche verbaut? Kommt doch sicher aus Fernost? Na ja. Was soll`s. Nächste Woche habe bin ich ja mit meinem Chrysler zur Inspektion. Die haben sicher so etwas.
Am nächsten Mittwoch also erweist sich der Chrysler Meister als hilfsbereit. Tatsächlich findet er Schrauben mit dem passenden Gewinde, leider nur 1 ½“ lang. Die, die ich bräuchte, müsste 2“ lang sein. Schade eigentlich.
Aber wozu gibt es eigentlich den Milwaukee Container draußen vor der Stadt? Die haben bestimmt hunderte passender Schrauben! Der freundliche junge Mann beäugt die Schraube kritisch, kramt lange herum, und meint nein, leider hätten sie so eine nicht. Grumpf. Kann man denn so was nicht bestellen? Kopfschütteln. Aber hier auf dem Tresen liegt doch ein W&W Katalog. Die verkaufen doch auch Schrauben! Stimmt. Der junge Mann sucht lange. Am Ende scheitert es daran, dass er die Schraube nicht eindeutig identifizieren kann. Tja - wenn ich noch die Mutter hätte. Habe ich aber nicht, das Gegengewinde ist in der Grundplatte des Rücklichtes vernietet.
Ich entscheide, dass ich im Zweifelsfall selber so eine Schraube bestellen kann, versuche aber vorher noch den unabhängigen Motorradteilehändler in Nähe des Flughafens. Natürlich haben die auch Lucas Rücklichter, nur leider keine einzelnen Schrauben, aber vielleicht finden sie ja in einer Retoure noch was Passendes. Ich soll am Montag wieder kommen.
Als ich in der Garage die verbliebene Schraube wieder in das Rücklicht drehe, richtig schön fest, soll ja nicht auch noch flöten gehen, macht sich meine Frau über mich lustig. Ich hätte doch bestimmt schon 20 Euro Fahrtkosten vergurkt auf der Suche nach einem Schräubchen. Warum ich nicht einfach ein neues Rücklicht kaufe? „Aus pädagogischen Gründen!“ fluche ich. Soll man die Hersteller für ihre Ersatzteilpolitik auch noch belohnen?
Na ja. Montag bin ich dann mit dem Töff beim Teilehändler am Flughafen. Nein, leider hat man kein passendes Schräubchen mehr gefunden. Warum ich nicht einfach ein neues Rücklicht kaufe? Das Lucas kostet doch nur Neundundzwanzigneunzig. Alternativ findet man, dass auch ein LED Tombstone Rücklicht an meinem Töff gut aussehen würde. Auf meinen kurzen Solofender kommt das bestimmt gut, denke ich, gerade hier in Flughafennähe könnte ich so die Maschinen im Landeanflug ausleuchten.
Naja. Wo ich gerade in Flughafennähe bin: Da gibt es doch noch diesen GM Betrieb, der auch Corvetten, Cadillacs und dergleichen verkauft und wartet. Zwar war ich da mal vor Jahren mit einer Corvette, und hatte mir nach der Reparatur geschworen demnächst lieber nach Hannover oder Syke zu fahren, statt hier noch mal einen Fuß über die Schwelle zusetzten, aber ehrlich gesagt kann ich mich gar nicht mehr an den Grund dafür erinnern und außerdem heißt der Betrieb jetzt anders.
Ich parke also meine Harley neben einer quitschgelben Corvette, begebe mich zur Teiletheke und frage höflich nach der Verfügbarkeit von zölligen Schräubchen. Ob ich die GM Teilenummer habe? Nein, ist ja kein GM Teil. Und überhaupt. Hier werden doch Corvetten gewartet. Braucht man da nicht einen Vorrat zölliger Schräubchen in der Werkstatt? Na ja. „Ölfilter haben wir schon vorrätig,“ flötet die Dame, „ aber so `ne Spezialteile werden immer nach Bedarf bestellt.“ Jetzt fällt mir auch wieder ein, warum ich früher mit der Corvette lieber nach Hannover gefahren bin….
„Aber einen habe ich noch!“ denke ich und steuere das Moped Richtung Neustadt, wo ich zufällig mal einen freien US-Car Betrieb gesehen habe. Als ich auf den Hof fahre, macht sich Hoffnung breit. Stilgerecht tätowierte Jungs machen sich an einem fetter Hummer zu schaffen. „Habt Ihr vielleicht `n zölliges Schräubchen für mich?“ – „ Hmm, was denn für eines?“ Ich deute auf mein Rücklicht – das heißt ich deute in die Richtung, in der das Rücklicht sein müsste, denn da ist keines mehr. Habe ich das verblieben Schräubchen vielleicht doch zu lose angedreht? Eher das Gegenteil: Das mit der Rücklichtgrundplatte vernietete Gewinde ist zerbröselt. Also liegt mein Rücklichtglas samt noch verschraubtem Schräubchen irgendwo auf der Neuenlander Staße.
Fuck! Auch egal. Ich fahre also zurück zu dem freien Teilehändler und kaufe das komplette Lucas Rücklicht für neundundzwanzigneunzig. Und ich will mit Rücklicht nach Hause fahren, also leihe ich mir einen Schraubenzieher, um mal eben das Rücklichtglas auf meinen Halter aufzusetzen.
Mal eben ist aber nicht. Die haben das Design wohl etwas weiter entwickelt. Statt 2“ langer Schrauben, die in einem vernieteten Gewinde auf der Grundplatte sitzen, gibt es nun so ne Art S-förmige Halter, die an der Verschraubung der Grundplatte mit dem Halter befestigt sind und nur noch ca. 1“ lange Schrauben benötigen.
Gut so. Schließlich liegt das linke Gewinde ja auf der Neuenlander Straße. Also kurz die Grundschrauben rausdrehen und die S-förmigen Halter einsetzten.
Kurz ist aber nicht. Die Schrauben in der alten Rücklichtgrundplatte sind durch eine Umbördelung so gesichert, dass ich sie nicht ohne weiteres entfernen kann.
Na ja. Macht nix. Dann verwende ich eben die neue Grundplatte. Neu verkabeln und dann fix anschrauben.
Fix ist aber nicht. Ein weiteres kleines Detail, das man geändert hat, ist der Abstand der Befestigungsschrauben zueinander, schätzungsweise um 1 – 2 mm. Nicht viel, aber genug damit die neue Grundplatte nicht auf meinen Halter passt.
Und ich wollte doch nur ein Schräubchen! Ich schwitze in der Sonne, habe dreckige Pfoten, die Rücklichter liegen in Einzelteilen vor mir und ich habe keine Lust mehr!
Glücklicherweise gibt es nebenan eine Autowerkstatt. Ich frage die Jungs dort, ob sie die Bohrungen in der Grundplatte mal kurz aufbohren können. Können sie, und das Licht bauen sie auch gleich an, passt ja nun. Ich frage nach dem Obulus und ernte ein freundlichen „was für die Kaffeekasse“. Ein Blick ins Portemonnaie offenbart die totale Abwesenheit von Hartgeld, ich spendiere also einen Zehner, weil es mir popelig vorkäme nach Wechselgeld zu fragen. Die Jungs freut’s.
Und ich rechne: Neundundzwanzigneunzig plus den Zehner plus, sagen wir mal, 60 km á 30 Cent macht summasummarum 57,90 € für ein Schräubchen.
„Teurer als Gold“ denke ich und lass die Karre ordentlich vibirieren….
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Horst 
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