Ein Lager ohne Käfig (Torrington)
- hat den Vorteil, dass es annähernd nochmal soviele Nadeln dort unterbringen kann, wo beim INA-Lager die „Käfigstäbe“ sind und damit die doppelte Tragfähigkeit bei gleichem Einbauraum gegenüber INA hat
- den Nachteil, dass die Nadeln beim Einbau auch nicht ganz leicht schräg verrutschen dürfen. Sonst hat man früher oder später einen Lagerringschaden, der die gehärteten Nadeln lose im Motor herumpurzeln lässt. Sowas hatte ich nicht als einziger bei ca 50 Tkm bei einem Kipphebellager meines Zweiventilboxers und das große Glück, dass mein freier Schrauber dies gehört hat, als ich zum ersten Mal auf seinen Hof fuhr (wegen Fehleistungen des „Freundlichen“), bevor die Nadeln im Motor herumpurzelten.
Für diesen Einbaufehler ab Werk sind die 90er-Jahrgänge der Zweiventilboxer berüchtigt, und das bei Fachkräften mit 3-jähriger deutscher Ausbildung. Verständlich daher, dass Harley ab 90er-Jahre-Evo so darauf beharrt, INA-Käfignadellager zu nehmen, weil die quasi „idiotensicher“ einbaubar sind: die Nadeln werden durch den Käfig bei Einbau und Betrieb in richtiger Position gehalten, was ja der Sinn des Käfigs ist.
Harleys Strategie wird umso verständlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in USA Ausbildungsberufe unbekannt sind und auch Motorenmonteure letztendlich nur angelernte Hilfsarbeiter sind. Umso mehr ist ein US-Motorenbauer darauf angewiesen,
- dass diese nur durch langjährige Berufserfahrung auf einen bestimmten Motor bzw. Getriebe herangebildeten Fachkräfte nicht so oder so von der Fahne gehen
- dass Konstruktionen gerade von Motoren und Getrieben möglichst idiotensicher zusammenbaubar sind, weswegen man diese Konstruktionen in ihrem Grundkonzept auch möglichst nie ändert (Harley-4 Cam von 1929 in USA bis heute, GM Small Block von 1954 bis heute, mit 120 Millionen Stück meistgebauter Automotor der Welt), denn man hat bei Neukonstruktionen mangels ausgebildeten Fachkräften eine ewig lange Anlaufkurve mit notgedrungen dem Kunden als Betatester, bis alle Zusammenbaufehler ausgemerzt sind. Man sieht das ja schön bei den HD-Big Twins, dass die trotz bescheidener Modifikationen alle 16 - 18 Jahre eigentlich erst ab dem vierten Produktionsjahr ohne Bedenken erwerbbar sind. Der 4-Cam hingegen ist dank geringstmöglicher Änderungen (mit sogar gleichen Hauptabmessungen) seit 1929 quasi unkaputtbar und fällt nie so unangenehm auf wie noch jede neue Ausgabe des Big Twin
Was das jetzt für die ersten Jahrgänge des hochkomplexen, völlig neu konstruierten Revolution Max bedeutet, mag sich jeder selbst ausmalen. Ein generelles Kupplungsproblem deutet sich ja schon an.
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„I don‘t like valves that look like golf tees. Intake valves should be the size of trash can lids, and pistons should be the size of manhole covers“ (Jay Leno)