Sonntagmorgen 07:00 Uhr. Landstrasse, schönstes Wetter.
Kein Verkehr. Doch im Luftraum.
Eine Taube kurz vor mir. Flughöhe ca. 1200 mm. Geschwindigkeit unbekannt, meine Geschwindigkeit 100 km/h, gleiche Höhe, nicht fliegend. Das Radar in meinem Kopf teilt nach Millisekunden mit: Kollisionskurs! Ich bremse leicht, lenke ein wenig nach rechts, um hinter die von dort kommende Taube zu gelangen. Die Taube hat ähnliche Gedanken, oder sie hatte heute morgen Tauwasser mit Nebenwirkungen, ist im Liebesrausch oder was weiß ich. Die sollte zum Dopingtest. Eventuell hat sie auch eine Ausbildung als Killertaube, sie bremst und besteht auf Kollision.
Die beiderseitigen Aktionen ändern zwar unsere Bewegungslinien, nicht die Kollision. Der Kollisionspunkt wird mit verschoben. Die ist kleiner als ich, kann sich dreidimensional im Raum bewegen, da bremse ich nicht, das schafft die. Tut mir leid. Wirklich. Ich bremse für Feldmäuse, Igel, Echsen. Fahre um Frösche und Kröten herum. Auch bei fliegenden Elchen verhält sich das koooomplett anders. Für den würd ich mich sogar in den Seitengraben absetzen.
Für Tauben in 1200 mm Flughöhe, 1 meter rechts vor meinem Windshield stehen die Zeichen aktuell sehr schlecht. Gut letzter Versuch, Schlenker nach rechts. Die Taube auch, letzter Versuch, bremst mit zwei Flügelschlägen. Wir versetzen erneut unseren Kollisionspunkt. Verdammt haben die kein Mathe in der Waldschule, Wahrscheinlichkeitberechnung? Wo machen die ihren Flugschein? Kein Sicherheitstraining? Ich fahr grad zu einem! Werde dem Uhu mal Vorschläge machen.
KNALL-PENG-KLONK
Taube prallt mittig im ersten rechten Viertel meines Windshield auf. Der Schreck ist nicht so groß, wir bleiben beide stabil, die Maschine und ich. Windshield hält insgesamt stand, gibt aber kurfristig leicht nach. Der Befestigungssteg zum Lenker verabschiedet sich aus den Halterungsbuchsen uns sucht das Weite. Die Schiene vom Windshield kracht durch das Gewicht der wohl übergewichtigen Taube heftig an die Halterung des NAVIs und verursacht dort dicke Kratzer. Die war sicher Übergewichtig, sonst wär das anders ausgegangen. Bessere Reflexe, saubere Reaktion, gezielte Aktionen. Aber so rollt die Taube über die Kante vom Windshield. Ich lege meine Kopf nach links und biete der Taube eine Lücke zwischen Kopf und rechter Schulter. Mit ausgebreiteten Flügeln pfeift sie hindurch. Mein Helm und die Schulter erhalten eine Flügelschlag, den möchte ich nicht als Angriff deuten.
Jetz rechts ran gefahren, Havariecheck. Laufe die letzen 100 m zurück, sehe nach der Taube und suche gleichermaßen nach dem Befestigungssteg. Von beiden keine Spur. Auch nicht auf dem Rückweg. Die Taube hatte sicherlich eine Weste unterm Federkleid. Gute Schutzbekleidung ist wichtig.
Am Bike zurück, nochmals Sichtkontrolle. Keine weiteren Auffälligkeiten. An den Schrauben des Windshield, also der eigentlichen Aufprallstelle, hängen zwei gleichgroße Federn fest, eine Markierung. Gut die bleibt. Sieht aus, wie ein kleiner Federschmuck der an einer indianischen Friedenspfeife herabhängt. Jede Menge Gefiederstaub, weißliches Pulver am Windshield, am NAVI, am Tank, an meiner Schulter und am Vollhelm. Mir gehts gut, gute Schutzbekleidung ist wichtig. Für die Taube hoffe ich das Beste, glaube jedoch, dass die Chancen dafür eher gering sind.
Später finde ich noch kleine Federn hinter der Verkleidung vom Öltank. Streueffekt.
Aufgesessen und weitergefahren. Sinnieren über die letzten Sekunden. Direkter Aufprall der Taube, ohne Windshield dazwischen? Ich suche Vergleiche. 100 km/h, gut nach dem zweimaligen Bremsen sicher weniger, vielleicht noch 60 oder 70 km/h. Die Taube steht quasi in der Luft. Der direkte Zusammenprall könnte Ähnlichkeit mit einem Hieb eines Baseballschlägers haben. Unmittelbare Wirkung, sicher blaue Flecken, der Schreck wär sicher auch größer.
Gut das ich auf dem Weg zum Sicherheitstraining bin, das Harley organisiert hat.
Merkwürdige Zusammenhänge.
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.: aXRo ~ Harley !! ... lebe laut :.
Dieser Beitrag wurde schon 2 mal editiert, zum letzten mal von aXRo am 22.06.2010 23:25.