So, bin wieder im Marriot in Boston gelandet ... 18 Uhr abends, Wasser läuft gerade in die Wanne und ich bin platt UND glücklich.
War das ne Hammertour, die hätte euch auch Spass gemacht.
Aber der Reihe nach:
Vor hatte ich nach Cape Cod im Süden von Boston zu fahren. Nur nachdem ich bei Eagle Rider am Freitag aufgeschlagen bin, haben die sich nur noch an den Kopf gefasst. Ein Europäer, der in bester "Indian Summer Season" (wenn das Laub rot und gelb leuchtet) plant ans Meer zu fahren, ist ungefähr so, als wenn ein Ami in München vor dem Hofbräuhaus nach nem McDonalds fragt.
Nachdem mich Brad (der Eagle Rider) milde lächelnd anschaute, fragte er mich, wie lange ich Zeit habe und wieviel ich so zu fahren gedenke. Ich sagte 3 Tage und 150 - 200 Meilen am Tag dürften es schon sein.
Also, er den Plan raus und dann hat er was von New England und so erzählt. Als ich nix mehr schnallte, holte er nen Marker raus und hat mir Stück für Stück die Route erklärt und eingezeichnet. Um es kurz zu machen, es wurden 730 Meilen (auf Strässleins) und die hatten es in sich.
Gemietet hatte ich ne Heritage Softtail, Modell 2008. Net schlecht das Teil, aber meine Street Glide läuft eindeutig ruhiger und eleganter. Aber ich will der nix an die Backe reden. Ist schon n Sahneteil, die Heritage.
Für die, die´s interessiert, hier der Plan:
Von Boston Everett (Harley Dealer mit 150 neuen Bikes zum Mitnehmen - nach dem Zahlen !!!) gings um 13 Uhr freitags über die Route 2 nach North Adams westwärts, vorbei an den Shellbourg Falls, dann nordwärts Route 8, die nach einigen Meilen in den Bundesstatt Vermont mündet und da Route 100 heißt.
Ab hier wird´s richtig gut, denn es geht über Strässleins durch wilde Berglandschaft, wobei einem die Laubfärbung in der Nachmittagssonne schier den Atem raubt. Was ihr unten auf den Bildern seht ist in Realität 1000 mal intensiver und leuchtender. Ab und zu musste ich einfach anhalten und mich setzen, um die Farben auf mich wirken zu lassen.
So schön die Strassen auch sind, so lässig gehen die Amis mit Frostschäden um - nämlich gar nicht. Was bei uns mit Teer zugegossen wird (arg rutschig im Regen) wird hier einfach offen gelassen, so dass es im Regen kein Problem mit Pfützen gibt. Denn die bilden sich deshalb nicht, weil das Wasser in bis zu Motorradstiefel-breiten Rissen in den Untergrund ablaufen kann. Ums klar zu sagen: Wenn Du da pennst, liegst Du auf der Fresse. Das ganze lindert "etwas" den Genuss, hält aber ungemein wach.
Du musst halt schauen. dass Du Dich zwischen den Millionen Rissen irgendwie durch schlängest. Eins muss ich der Heritage lassen: ihr Fahrwerk verzeiht diese Dinge besser als meine Street Glide. Und nun weiß ich auch, warum HD so weiches Gabelöl einfüllt. Denn bei der letzten Inspektion habe ich mir (für besseren Geradeauslauf bei hohen Geschwindigkeiten) härteres Gabelöl einfüllen lassen, was ich demnächst wieder durch weiches ersetze. Mit dem harten schlägt fast jeder Kanaldeckel durch. Nicht so bei der Heritage hier, die krachte über die wildesten Löcher weg, dass es einem fast den Atem nahm.
Abends habe ich dann in den "Green Mountains" in Stratton Mountain, einem Skigebiet Rast in einem stinkigen Inn gemacht, war nichts anderes mehr zu haben und ich musste ins Bett. Nach einem genialen Steak und 2 Local Beers war ich völlig willenlos (jetzt keine dummen Kommentare, ja!).
Nächsten Morgen um 7 Uhr aufm Bock, war grad Sonnenaufgang und die ersten 30 Meilen der Hammer ... nur saukalt. Immer weiter nordwärts on Route 100 mussten die mich ne Stunde später vor dem ersten Coffee Shop fast aus dem Sitz meisseln, so erfroren war ich (da die Sonne noch nicht genug Kraft hatte).
Nach nem Kaffee und 2 Eggs Overeasy mit Hash Browns, Bacon und Buttered Toast gings dann weiter nordwärts ... vorbei an atemberaubenden Bergen mit Wäldern bis rauf nach Montpelier (50 Meilen von der Kanadischen Grenze entfernt). Ab da gings ostwärts auf Route 312, die dann im Bundesstaat New Hampshire in Route 112 überging.
Ab da der Kracher: Die "White Mountains", ein State Forest mit dem Mt Washington, um den herum die 112 führt. Ab hier war ich umgeben von Harleys, in irgendeinem Pulk bist Du immer drin, Hunderte ... nein Tausende. Alle laut, alle böse und ... alle ohne Helm. Legal Law says: Nur der Beifahrer braucht nen Helm, weil der ja "out of control" ist. Na ja, die Amis ham schon manchmal seltsame Sitten. Und so fahren die Brüder mit Bommelmützen und Caps, eingemummelt wie die Eskimos. Mich wunderte, ob die wissen, dass so ein ECE Helm nicht nur sicher ist, sondern auch wunderbar warm hält.
Nachmittags (Samstag) gings dann über die 113 vorbei an Seenlandschaften südwärts und ich entschloss mich, nicht noch mal dort oben zu übernachten, sondern in einem Rutsch die 130 Meilen über den Interstate 93 nach Boston Quincy zu blasen, weil ich mir dachte, ich könnte ja heute am Sonntag schnell noch mal zum Cape Cod runter fahren (jetzt, wo ich die einsamen Wälder Vermonts kennen gelernt hatte).
Um 21 Uhr war ich dann in meinem Hotel hier im Vorort Quincy, von dem ich euch schreibe. 2 Meilen vor Ankunft hab ich mich dann auf dem Interstate 93 fast noch auf die Fresse gelegt, weil die Amis ihre Highways so sehr pflegen, dass da plötzlich ein fast 15 cm hoher Buckel bei 65 mph mitten im Weg war. Nett wie die Amis sind, haben sie 50 m vorher ein gelbes Schild "BUMP" (Buckel) aufgestellt, doch wenn man mit über 100 Sachen im Dunkeln da anrauscht, dann bleibt wenig Strecke zum Bremsen. Bin mitm Arsch richtig hoch gesprungen ... war nicht weiter schlimm, abgesehen von dem 38 Tonner, der neben mir mit 70 mph drüber raste ... ohne zu bremsen ... und so laut auf Kopfhöhe neben mir einschlug, dass ich fast in die Pampa abgebrettert bin. Puuhh, Schock, Adrenalin pur ... eins, zwei Bierchen hatten Gutes getan. Danach, wohlgemerkt. 14 Stunden aufm Bock, 390 Meilen auf der Uhr ... s´hat knapp gereicht.
Heute früh Scheisswetter, ich dennoch runter ans Cape Cod und als es dort unten zu regnen begann, hab ich mich nach 130 Meilen wieder ins Hotel gerettet, bevor ich um 16:00 meine Heritage bei ganz guten Wetter die letzten 20 Meilen zum Dealer zurück brachte. Ne schöne Abschlussfahrt vorbei an Boston Downtown, vielen Autos und deren Fahrer, die mich anstarrten, als hätte ich Pickel auf dem Helm, (wie gesagt, Helme sind hier selten, Mützen dagegen nicht). Frag mich nur, wie so eine Mütze und deren Kopf nach nem Abflug aussieht? Denn heizen tun die Amis wie wir auch, da kennen die nichts. Nass machen lassen die sich nicht, das iss mal klar.
So bleibt mir die Erinnerung an eine wunderschöne Tour, bei der ich an einige von euch dachte und es gut gefunden hätte, wenn wir im Pulk durch die Wälder geblasen wären. Ja, kaeptnhook, Deinem Wunsch entsprechend bin ich die Tour durch die White Mountains in Deinem Sinne gefahren und hab einige Male an Dich gedacht.
Hatte ich gesagt, dass es 730 Meilen insgesamt waren? Also, mir reichts jetzt erst mal, der Winter kann kommen.
Nee, nicht wirklich, aber jetzt ist erst mal gut.
Bilder noch rein (sind nicht so viele, aber einige Eindrücke aus dem Wäldern).
Dann in die Wanne und ... CU somewhere,
der Easy