Tag 7
Porto Pollo - Petreto-Bicchisano - Col de Saint Eustache - Aullène - Col de la Vaccia - Cozzano - Col de Verde - Ghisoni - Col de Sorba - Col de Bellagranajo - Corte - Col d'Ominanda - Castirla - Scala di Santa Regina - Col de Vergio - Gorges de Spelunca - Col de Sevi - Vico - Arbori - Pont de Truggia - Lopigna - Bocca di Tartavellu - Col de Carazzi - Tavera - Col de Scalella - Bastelica - Col de Menta - Col de Cricheto - Col de Marcuccio - Bocca Sant Alberto - Cauro - Col de Saint-Georges - Col de Celaccia - Porto Pollo: 484km
Die Königsetappe. Dieser Tag war ohne geplante Tour, also "zur freien Verfügung". Ich hatte mir natürlich schon etwas ausgedacht, mein größtes Begehr war, mal die ganze lange krisselige Linie mit dem grünen Rand auf der Landkarte abzufahren, die sich östlich der T20 nordwärts nach Corte zieht. Ab Corte dann weitersehen. Der Himmel war heute wieder wolkenlos und klar, die Temperaturen morgens noch angenehm, alles bereit für die große Tour. Insgesamt muß ich sagen, daß mir Porto Pollo als Ausgangsbasis ziemlich gut gefallen hat. Schön gelegen, unaufgeregt, gutes Klima, praktisch.
Vom Meer zuerst das Tal entlang, dann den Hang hoch nach Bicchisano an der T40 und dort links den Berg hoch zum Col de Saint Eustache. Zuerst den Berg hinauf durch lockeren Nadelwald, guter Belag, guter Ausbau, schön kurvig. Hinter der Paßhohe dann ein ganz anderes Bild, karstige Landschaft, ein Wechsel von Kehren und Kurven mit ausgesetzten Passagen und ein unglaubliches Panorama nach Osten, inklusive der Aiguilles de Bavella. Und irgendwie ein grandioses Licht. Mein absoluter persönlicher Lieblingspaß auf Korsika. Die Straße endet in Aullène (mal wieder), wir halten uns links zum Col de la Vaccia (auch wieder, aber mit besserem Wetter) und diesmal weiter geradeaus nach Norden. Der Col de Verde nach Ghisoni führt recht unspektakulär durch den Wald, der Col de Sorba danach bietet aber wieder ordentlich was fürs Auge und für den Kurvenliebhaber. Auf dem Paß eine kurze Brotzeitpause zwischen skandinavischen Rennradfahrern und wieder abwärts zur Einmündung auf die T20, etwas südlich von Corte, unserem nächsten Ziel.
Dort halten wir am Ortseingang kurz an einer Tankstelle. Kleiner Exkurs: Mit der Road King habe ich auch meine alte Liebe zu Papierlandkarten wiederentdeckt und im Vorlauf zu diesem Urlaub wurden gleich zwei gekauft, die von Michelin und die von Marco Polo. Wegen der etwas klareren Darstellung kam die Marco Polo mit auf die Reise. Auf Korsika stellten wir aber im Vergleich mit unseren Mitfahrern fest, daß die Michelin doch das entscheidende Bißchen mehr an Information bietet, speziell auf Bergstraßen. Ich wartete draußen auf dem Motorrad und wenig später kam die Angstbremserin erfolgreich mit einem gelben Blatt 345 wieder raus.
So bestückt durchquerten wir Corte und nahmen zum zweiten Mal den Col de Vergio samt umgebender Schluchten in Angriff. Die Straße war noch so gut wie drei Tage zuvor, aber statt nach Porto zu fahren hielten wir uns diesmal auf der D70 zum Col de Sevi und nach Vico. Dort wollten wir eigentlich auf Empfehlung unserer Mitfahrer auf die D4, nahmen aber den falschen Abzweig und landeten stattdessen auf der D1 am gegenüberliegenden Hang. Dabei verpassten wir auch die einzige Tankstelle für endlose Kilometer (wie wir später feststellen sollten). Aber immerhin erlebten wir am Grund des Liamone-Tals den Pont de Truggia und die schlechteste Straße unseres gesamten Aufenthalts. Nach endlosem Geschlängel landeten wir irgendwann wieder auf der T20.
Die Anzeige stand inzwischen auf "LO RNG", und so fragten wir beim Restaurant gegenüber der Einmündung nach der nächsten Tankstelle, da uns OsmAnd gar nichts anzeigen wollte. Nach einhelliger Auskunft lag das daran, daß es einfach in der Nähe keine Tanke gab, wir mussten fast wieder runter bis zum Harley-Händler fahren, um Sprit zu kriegen. Das war allerdings eine Ausnahme, in der Regel ist das Tankstellennetz auf Korsika sehr dicht (deswegen waren wir auch ein wenig sorglos gewesen).
Frisch befüllt wollten wir noch nicht ins Hotel, es gab ja noch so viele Cols und Boccas zu entdecken. Wieder umgedreht und zurück in die Berge, Col de Scalella, Bastelica als pittoreskes Bergdorf und noch ein paar weitere kleinere Cols unter die Räder genommen. Von der T40 aus (gleichsam der Ringstraße um die Gegend von Porto Pollo) wählten wir wieder eine andere Anfahrtroute zum Hotel, man konnte eigentlich jeden Tag eine neue fahren. Und schon wieder ging ein eindrucksvoller Tourentag zu Ende.