Sorry, aber 2020 war noch nicht bekannt, daß die Talfahrt bis 2025 immer steiler werden würde. Diese Journalistenaussage ist doch Schnee von vorvorgestern. Da hatten sich die negativen Auswirkungen der Zeitzschen Strategie noch gar nicht voll offenbaren können, zumal die konstant 20% des Umsatzes liefernde XL noch bis November 2022 gebaut wurde.
Die Theorie, daß der US-Markt nicht mit dem EU-Markt vergleichbar wäre, halte ich für abenteuerlich. Wie ich bereits oben schrieb

, steigt der Mittelstand seit1990 in den USA eher noch steiler ab als in der EU mit ihrem Kündigungsschutz und ihrem Sozialstaat, soll heißen: Es gelten in USA die gleichen Marktbedingungen eher noch verschärfter als wie in der EU: „Premium“ können sich nur noch Boomer leisten, und wer ausgerechnet das untere, für den mittelständischen Nachwuchs gerade noch erschwingliche Segment der Produktpalette (XL, FXD) „aufräumt“, wohl eher abräumt, hat dann auch die gleichen Marktergebnisse und die gleichen Folgeerscheinungen wie ein um sich greifendes Händlersterben, aktuell HD in LA, vergleichbar aktuell mit HD in Berlin. Also wenn selbst HD-Dealer in Millionenstädten nicht mehr genug zahlungskräftige Kunden finden, ist ja wohl unstreitig, daß Zeitz mit seiner „Marge über alles“-Premiumstrategie HD gegen die Wand gefahren hat

. Aufgrund der sich noch stärker öffnenden Einkommenschere in den USA ist das Ergebnis höchstens noch krasser: Die wenigen Aufsteiger und mit guter Altersversorgung aus den besseren Tagen der großen Konzerne versorgten Boomer können sich sogar (tendenziell rückläufig) Tourer leisten, während das im Durchschnitt niedrigere Einkommensniveau dieser Zielgruppe in der EU dazu führt, daß (tendenziell rückläufig) eher Softails gekauft werden, weil hier auch nicht im Durchschnitt1000 Meilen pro Wochenende gefahren werden.
Auch Källenius von Mercedes ist auf diesen in der KFZ-Industrie grassierenden, wohl mal wieder von irgendwelchen Mc-Kinseys dieser Welt aufgebrachten „Premium“-Hype aufgesprungen und steht jetzt wie Zeitz unstreitig vor einem Scherbenhaufen. Jetzt muß er hektisch umsteuern und mit viel nicht eingeplantem Geld einen Nachfolger für die A-Klasse aus dem Hut zaubern. Das war 2020 so kraß noch nicht absehbar.
Es bleibt dabei: Eine komplett in Asien gefertigte XL1200 für 10000 €, was ja offensichtlich wirtschaftlich möglich ist, könnte mit echten Kühlrippen im boomenden Retrosegment erfolgreich mit z.B. den Triumph 900-Twins mit Fake-Kühlrippen, die etwas teurer sind, konkurrieren. Die kommen ja auch aus Thailand. Das Echte ist gerade das Pfund, mit dem man bei vergleichbaren Preisen gegenüber dem Fake wuchern kann, gerade bei den Jüngeren, die jetzt luftgekühlte Oldtimer fahren (müssen), was die nicht handwerklich Begabten wegen befürchteten hohen Folgekosten zwangsläufig davon abschreckt, ihren Traum zu verwirklichen. Gerade diese Klientel in diesem Preisegment wurde von Zeitz fahrlässig ausgegrenzt, weil (s.o., typisch für Einsteigersegmente) „seit Jahrzehnten die Marge nicht hoch genug ist“.
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„I don‘t like valves that look like golf tees. Intake valves should be the size of trash can lids, and pistons should be the size of manhole covers“ (Jay Leno)
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