Prolog: Anfahrt am Donnerstag 20.05.2010
Ziel: Gasthaus "Pension zum Forst"
Strecke: ca. 680 km
Start: 09:00
Ankunft: 18:00
Am frühen Morgen macht sich, wie immer vor solchen Touren, Unruhe bei mir breit. Die Taschen sind gepackt. Hab ich was vergessen? Wenn ja was? Werd ich merken, wenn es fehlt - also üblicherweise zu spät und da wir über die Feiertage fahren, sieht es mit Ersatzbeschaffung eher schlecht aus.
Mit Tankrucksack und Hecktasche trabe ich in die Garage, aufsatteln. Mit drei Handgriffen ist der Tankrucksack fest. Weiter mit der Hecktasche ... da klemmt es schon, die Schlaufengurte für die Tasche sind nicht da. War klar irgendsowas musste passieren - die in meiner Hand sind falsch. Die innere Unruhe war also nicht unberechtigt ... also suchen ... 15 min später (gefühlt: eine Stunde!) hab ich die Ersatzgurte gefunden. Das Gepäck ist nun komplett verstaut.
Wieder nach oben und rein in die restlichen Klamotten. Bei DER Wettervorhersage steige ich von Anfang an in die Regenpelle. Das gute Zeug aus dem BW-Laden (Regen-/Nässeschutz: Hose und Jacke in Tarnfleck mit Goretex) gut geschlossen mit den Klettbändern. Das Anlegen der Regenpelle ging fix: die Reissverschlüsse am Hosenbein beginnen am Knie, damit ist der Einstieg mit Stiefeln absolut komfortabel. Die Jacke schließt mit Reissverschluss und zusätzlich winddichter Knopfleiste. Sieht schon gewöhnungsbedüftig aus - später zeigt sich, daß dies eine gute Wahl war. Die Gummihandschuhe von el Luise liegen im Tankrucksack bereit, die leichten Sommerhandschuhe ebenfalls.
... ooops ... wie die Zeit vergeht ... schon 09:00 ... schnell noch die Regencover über den Tankrucksack und die Hecktasche gezogen und los ... beim integrierten Regencover für die Hecktasche kommen Zweifel auf ... erinnert mich eher an eine Staubschutzhülle ...
Reset an beiden Tageskilometerzählern ... Maschinenstart ... der Motor bollert angenehm und beruhigend ... das letzte Flattern der Unruhe ist weggebollert - es geht los!
Am ersten gemeinsamen Treffpunkt bin ich zu spät ... wieso jibbet gg. 09:00 noch Berufsverkehr ... damit verzögert sich auch die Ankunft am zweiten gemeinsamen Treffpunkt. Bitte für die Zukunft notieren: 30 min Zeitpuffer sind doch noch zu wenig.
Nun ist die kleine Truppe zusammen: Falkenhorst auf Honda Transalp, Broti auf Yamaha FJR und meinereiner auf XR1200.
Mit mächtiger Verspätung machen wir uns auf die Piste. Zuerst Autobahn, wir müssen km fressen - der unangenehme Teil der Tour. Es geht im Schnitt mit 130 - 140 kmh voran. Begleitet werden wir u.a. von Grobmotorikern auf zwei und mehr Achsen.
Der erste Grobmotoriker in einem 5er BMW testet sein ABS mit einer Gefahrenbremsung ca. 150 mtr. vor dem Stauende und kommt sauber zu stehen ... beindruckend ... er steht, während der Verkehr in der rechten Spur neben ihm ungehindert weiterfließt und bis zum Stauende aufschließt. Die Überraschung war gelungen, unser Abstand auf den BMW war glücklicherweise ausreichend und wir mußten nicht in seinem Kofferraum parken. Immer diese Schlafwandler am Steuer, schleichen sich im Nachthemd ans Steuer, verfahren sich beim Brötchenholen und werden plötzlich wach und reissen panisch an der Leine ...
Wir verlassen NRW und damit auch die Best-Wetter-Zone des Tages. Mit der Einfahrt nach Hessen geht's wettertechnisch rapide bergab. Erst leichtes Nieseln, dann Spielarten von Landregen veranlassen uns die Gummihandschuhe überzustülpen. Das war definitiv die Aufforderung an den Wettergott die Regenbekleidung auf Herz, Nieren und Dichtigkeit zu prüfen, wir bekommmen Regen durchgehend .. von oben ... rechts ... links ... und von unten ... gute gleichmäßige Verteilung für einen Test der Regenpelle.
Während wir so durch die Gischt schwimmen, betritt Grobmotoriker No 2 mit seinem LKW inkl. Auflieger die Bühne und übt das Überholen. Dabei ignoriert er alles was nicht auf Augenhöhe ist und zieht nach kurzem anblinken links rüber ... Broti konnte diesem geschicktem Anschlag durch einen gekonnten Sprint ausweichend auf dem linkesten Teil der verbleibenden Fahrbahn entrinnen. Nun es gibt doch schlagende oder drängende Argumente sich einen Highnecker zuzulegen.
Sollte der fahrende Grobmotoriker sichterweiternde Medikamente nehmen?
Gibt es nur bei Harleys die Spiegelinschrift: "Objects in the rear view mirror may appear closer than they are"?
Handelt es sich um ein sogenanntes Blindmanöver, weil das Sonnenrollo noch unten war?
Fragen über Fragen ... Zeit für eine Pause, Kaffe und Brötchen ... ab in die nächste Raststätte.
Broti hatte vorsorglich belegte Brötchen mit auf den Weg genommen, Kaffee gabs bei BürgerCing ... Nieselregen gab's weiter von oben. Trotz Regen und Grobmotorikeinlagen waren wir bester Laune, trocken geblieben (die BW-Regenpelle ist SUPER, kein Flattern während der Fahrt) und 20 min später wieder auf der Bahn. Ich hatte statt der dicken warmen Handschuhe nun die Sommerhandschuhe unter die Gummihandschuhe gezogen. Ich seh aus wie Landtierarzt Nicki Schirm auf dem Weg zur Kuh um ein Kalb wohlbehalten das Licht der Welt zu befördern.
Wir fahren also weiter, gehalten wird nur noch zum Tanken - 2/3 der Strecke absolvieren wir komplett unter Wasser ... wir kommen von der Autobahn auf die Landstrasse. Angenehm, wenn die Raserei aufhört und erst auf den letzten km wird das Wetter nachsichtig mit uns.
In der Region um den Bodensee gilt 'Vollzugsmeldung nach dem Abbiegen', das funktioniert so: der Linksabbieger überquert die Kreuzung zügig mit angeschnittener Kurvenlinie ... ist die Einfahrt in die Strasse unfallfrei geglückt, blinkt er kurz Links ... was soviel heissen muss wie "habe abgebogen" ... sehr feinsinnig, nahezu sparsam die Schwaben ... ich bin sicher das kann man auch anderswo erleben ... nur werden meine Eindrücke des Tages dadurch abgerundet.
Wir erreichen das Gasthaus "Pension zum Forst" gegen 19:30 Uhr.
Ein freundlicher Empfang
im familiär geführten Gasthaus - 3 km vom Bodensee entfernt. Die Bikes können wir in die Garage stellen und ablasten. Unsere Sachen schaffen wir in die "Penthouse-Suite", ein 3-Mann-Zimmer im Dachgeschoß, sehr nett und komfortabel eingerichtet, mit schöner Rundumsicht auf Hopfenstauden - ah Bier, Erinnerungen und Durst kommen auf. So schnappe ich meine Hecktasche, deren Regencover sehr mitgenommen ausschaut. Mir schwant .... nee nee ... die war nicht dicht ... schnell mit dem Fön T-Shirt und Hose getrocknet und ab zum Essen.
Der letzte Gedanke des Abends im Bett: TOP1 für morgen: eine Rolle Müllsäcke an der Tanke kaufen und Sachen wasserdicht verpacken ... nicht überall ist ein Fön zur Hand ...
Nein der wirklich letzte Gedanke vorm Einschlafen: Morgen gehts bergauf in die Alpenpässe ...
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Fortsetzung (Tag 01) folgt ...