4. Tag: Montag 24.05.2010
Ziel: Hotel Stadthof, CH-8750 Glarus
Strecke: ca. 210 km
Pässe: St. Gotthardpass (2.108 m, 11%), Ibergeregg (1.406 m, 14%), Sattelegg (1.190 m, 14%)
Start: 09:00
Ankunft: 16:00
Bitter wars ... bereits beim Frühstück schont Broti seine rechte Pfote. Alle Hilfsaktionen erstickt er im Keim. Kaum holt man Luft, um nach Kaffee zu fragen, kommt prompt: Brauchst Du gar nicht erst versuchen - gut trink ich eben O-Saft ... aber ob er das so wollte? Also der Käptn ist kaputt, zumindest teilweise rechtsseitig und ist dabei wenig einsichtig. Nun weitere Vorstösse unternehmen wir nicht. Gemeinsame Abklärung: Wir sind quasi auf dem Rückweg (oder Rückzug), Broti will fahren. Ist nicht sein erster Schlüsselbeinbruch, erfahrungsgemäß geht das. Unsere Erfahrung der letzten Stunden ist, man kann ihn nicht umstimmen.
Wir lenken ein und planen um. Strecke wird von 330 km auf 210 km gekürzt, so fahren wir 3 statt 6 Pässe. Wenigsten nimmt Broti die leichten Schmerztabletten aus meinem MediPack an und ein.
Nach dem Frühstück, es gab traumhaft-leckern Kaffee, packen wir und steigen in die Sättel. Wir gehen es gemütlich an. Das Wetter ist unverschämt gut, Sonne pur, kaum ein Wölkchen. Die Bikes schnurren fast sanftmütig die km runter.
Auf und neben den Straßen gibt es wieder Allerlei zu sehen. Hier bollert der Biker entspannt mit einer Kippe zwischen den Lippen hinter dem Windschild übers Land. Ein Typ auf einer Supermoto hat auf seinen Heckfender (heißen die bei denen überhaupt so) verzichtet. Da die Rennleitung hierzulande aber nicht auf ein Kennzeichen verzichtet, hat der Crossie dasselbige kurzerhand ... an die Gürteltasche geklippt ... wahnsinnig erfinderisch ... die Schweizer ... Ricola läßt grüßen.
Wie in den letzten Tagen sehe ich häufig die BMW 1100C rumfahren, muß ein Exportschlager gewesen sein, in DE hab ich grad 2 Stück in den letzten 10 Jahren gesehen. Davon eine hinter Glas, ganz jungfräulich.
Wir kommen an einladenden Seen vorbei. Bei dem Wetter wäre baden ein echter Hit. Das wäre aber nix für Broti, der sich ausgesprochen wacker schlägt. So geniessen wir nur den Anblick. Es geht zum Gotthard hoch. Zwischenstopp. Runtersehen. Staunen. Fotografieren. Unglaublich. Wir kommen am höchsten Punkt an und merken es nicht, fahrend staunend weiter. Verdammt kein Passbild. Gut muß die Erzählung reichen. Bergab am Gotthard macht uns ein vorausfahrender Quadfahrer klar, das er nicht nur Bremsen hat sondern auch ein kaum kurvenfreudiges Fahrzeug. Nach einigen Kehren: Einsicht. Er fährt rechts ran und läßt die angestaute Kolonne hinter sich passieren.
Wir können zügig abwärts fahren und schließen zum vorauseilenden Verkehr auf. Plötzlich: ich sehe was, was du nicht siehst. Ein aufgemotzter Kawa-Chopper-Cruiser mit Sozia-Püppi. Die sehe ich erst gar nicht, weil rückseitig an der Riesensissybar (ca. 1 m ab Sattel) ein mindestens 85 cm Hartschalen-Samsonite hochkant angegurtet ist! Da hat sicher Püppi ihre Sachen drin. Die Gurte sind so gezurrt, das sie aussehen wie eine Schleife. So sieht also das Barbie-Mobil auf zwei Rädern aus.
Wir kommen im Tal an, landen an einem Kreisverkehr. Das Navi macht das, was es immer am Kreisverkehr nacht: es spinnt. Broti biegt ab, wir hinterher. Die Schilder an unserer Straße weisen in Richtung Gotthard-Tunnel. Achso war garnicht der Gotthardpass. Der kommt später, nee der kommt nun garnicht, weil wir falsch abgebogen sind und nun durch den SCH***Tunnel fahren statt über den geilen Pass. Gut fahren wir also etwas verwirrt den 16,9 km langen Tunnel. Das ist der erste Tunnel in dem es warm ist, eigenartiges Feeling. Nun versuche ich der Verwirrung bzgl. dieser Gotthard-Tunnel-Fahrerei auf den Grund zu kommen. Falls wir uns verfahren haben ... ich kenne Broti gut genug ... dreht der am Ende des Tunnels um und wir fahren den Tunnel wieder zurück, damit wir den Pass nehmen können. Gespannt grinse ich in meinen Helm. Die Tunnelausfahrt kommt, aber kein Wendemanöver. Noch mehr Verwirrung ... Sekunden später lichtet sich die Verworrenheit ... die Auffahrt kommt mir bekannt vor ... die Kurvenlage auch ... ach so der Gotthard war so schön den fahren wir nochmal ... auch wegen des verPassten Fotos ... darf ich den dann 2mal in meinem Passbuch zählen? Oben angekommen halten wir für die Passbilder und amüsieren uns über unser fahrerisches Kunststück. Der Gotthard ist so schön den können wir auch en drittes Mal ... neenee 2x Pass und 1x Tunnel macht auch 3 Gotthards - es reicht also.
Wieder gehts Gotthard abwärts. Problemlos, auch das gibts. Im Tal angekommen nehmen wir diesmal gut orientiert die richtige Ausfahrt am Kreisverkehr ... obwohl falls dies nicht gelungen wäre ... ich kann nicht vor Lachen und muss fast rechts ran fahren weil sich ein Flash anbahnt ... ich krieg mich mit Mühe wieder ein.
Über die Landstrasse und durch die Ort zähle ich erstaunt drei XL883R die unterwegs sind. Kleine Brüder eben, ich freu mich. Ein Burgerking voraus, Zeit um was zu futtern. Die Bikes stehen in der prallen Sonne, wir sitzen unterm Sonnenschirm und mampfen Burgermenu. Manche mögens heiss ... also kommt auf die Umstände an, ob ich zu den "Manchen" gehöre oder nicht. Heute eher nicht. Mit ein paar Servietten und einem Pappbecher Eiswürfel (plus etwas Wasser) gehe ich zurück zum Bike. Broti und Falkenhorst raffen es nicht. Servietten auf den Sattel, Wasser und Eiswürfel drauf - die Kühlung läuft. Jacke zu, Helm auf Handschuhe an, Mundwinkel erreichen grinsend das linke und das rechte Ohr, die improvisierte Kühlung in den Becher gewischt, aufgesessen. Pappbecher hinters Windschild, an die Abfalltonne ... Einwurf, fertig. Man ist das COOL!
Weiter geht es übers Ibergeregg und Sattelegg. Die gewundenen Strassen führen durch Waldgebiet, sind schattig. Angenehm bei den Temperaturen. Auf den Stücken dazwischen brennt die Sonne und läßt das Bitumen schmelzen - weich bis flüssig und tückisch. So spüre ich ein paar Ausrutscher und Spurversetzer am Hinterrad.
Broti schiebt sich durchs Land, keine Anzeichen von Pain - beim Burgerking hat er Wohlbefinden erklärt.
Es sind auffallend viele Doppel-X-Chromosome auf Bikes unterwegs, mit knackigem Hintern und Zöpfen die hinten am Helm pendeln. Nicht nur die Landschaft ist schön... hmmhmmm.
Jetzt werden wir erinnert: es ist Pfingstmontag. Woran man das merkt, die Feiertagsgurkerei setzt ein. Zum Kaffeetrinken ins Ausflugslokal, mit 30 kmh. Da verwackeln die Bilder auch nicht, die während der Fahrt aus dem Cabrio gemacht werden. Eis, ich will Eis, nur das kan mich beruhigen.
Glarus, wir erreichen unser Hotel. Bikes in der Seitenstrasse am Hotel abgestellt. Einchecken, Gepäck aufs Zimmer hucken. Der Lift ist unriesig. Eine Person, zwei Gepäckstücke, Ende. Nach 15 Minuten ist alles da wo es sein soll. Broti läßt sich Tatsache beim Koffertragen helfen, Zeichen und Wunder.
Duschen, umziehen ... *klopf-klopf* ... Broti an der Tür ... freier Oberkörper zum Posen. Alter Finne das sieht schon echt böse an der Schulter aus. Er wollte nur anmerken, es wär echt und er würde nicht cheaten. Gut, Fotodokumentation für die Nachwelt. Jetzt aber Terasse besetzen. Im Schatten ein paar Bier zischen. Es ist Zeit ohne Ende, wir sind früh dran. Wir sitzen am "Point of View" - hier geht die Hauptstrasse entlang. Die Verbindung zwischen Sattelegg und Klausenpass, die Verbindung der Kantone Uri und Glarus. So sehen wir in 30 Minuten mehr Bikes als auf unserer bisherigen Tour. Erstaunlich viele Harleys.
Der Hunger meldet sich. Auch in der Schweiz gibt es Döner, haben wir im Vorbeifahren gesehen. Ein kurzer Fußmarsch führt uns an die Krippe. Der Mann meint es gut mit uns und haut den Teller voll, kaum zu schaffen.
Heute geht es früh zu Bett. Das Motto der Rücktour morgen lautet: Kilometer fressen, genau gesagt sind es gut 800 km.
In DE soll das Wetter bescheiden sein, hieß es vor zwei Tagen. Kommt Zeit, kommt Wetter ...
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.: aXRo ~ Harley !! ... lebe laut :.