zum zitierten Beitrag
Zitat von olperer
@Sigi74,
als Vergleich der Techn. Wertigkeit ist der Vergleich schon zulässig. BMW hat den wirtschaftl. Erfolg aus eigener Kraft geschafft. Harley nach seiner Pleite 1983 mit Hilfe der US-Steuerzahler und dem EVO von Porsche. Das die einfache Technik ihre Liebhaber hat, ist doch klar und verständlich. Einen RWG hätte ich mir für meine RK manchmal gewünscht.
Noch ein gewaltig hinkender Vergleich: BMW-Motorrad GmbH hat hier garnix aus eigener Kraft geschafft, sondern ist immer von der Flugmotorenabteilung (bis 45) bzw. der Autoabteilung (nach 45) mitgeschleift worden. Der Zweiventilboxer von 69 bis 96 ist in den 60ern sogar gleich ganz komplett von der Automotorenabteilung entwickelt worden. Die Motorradmotorenabteilung war nach dem Motorradumsatzcrash der 50er nämlich komplett wegrationalisiert worden. Da gab es nur noch die Fahrwerksabteilung im Konstruktionsbereich . Harley hatte in der Zeit keine Autoabteilung, die hier hätte mitschleifen können. Der junge Ingenieur Hans Günther von der Marwitz, der von der Porsche-Motor-Konstruktion zur BMW-Motorkonstruktion gewechselt war, setzte gegen erhebliche Widerstände der Automotorkonstrukteure durch, dass man nicht bei den Gusseisenzylindern a'la Harley (!!!) blieb, sondern die Aluzylinder auf Stehbolzen sowie die Nockenwelle unter der Kurbelwelle vom Käfer übernahm. Mit dem neuen Motor wechselte er dann als Knowhowträger in die Motorradabteilung. Pleuel, Kolben und KW-Lager wurden gleich ganz vom 6-Zylinderautomotor übernommen . Die elektrische Anlage vom Opel Kadett konnte man mit der Marktmacht eines Autoherstellers von Bosch besonders billig kriegen. Das ganze hatte also nix mit der Mär vom fähigeren deutschen Ingenieur aus eigener Kraft zu tun, sondern schlicht und einfach mit nackter Subvention.
Harley und Triumph sind die letzten beiden eigenständigen und damit mittelständischen Motorradfirmen. Die müssen von ihren Motorrädern wirklich überleben, während die Konkurrenz samt und sonders ne Abteilung eines Großkonzerns sind, die in mageren Jahren einfach mit Subventionen in Neuentwicklungen durchgefüttert werden, siehe obiges Beispiel. Dass da Harley und Triumph zwangsläufig andere technische Entscheidungen treffen müssen als die gepamperte Konkurrenz, liegt wohl auf der Hand. Am krassesten liegt der Fall bei den auch hier immer als Vergleich gebrachten Japanern: die haben mit ihren als reine Prestigeobjekte in der ersten Welt immer bis zum heutigen Tag mit Dumpingpreisen platzierten Vierzylindern & Co noch nie richtig Geld verdient. Müssen sie auch nicht, wenn alleine Honda in der dritten Welt Jahr für Jahr fünf Millionen Motorräder unter 600ccm verkauft. Da lassen sich die Konkurrenzmodelle zu Harley und BMW locker mit subventionieren, und wenn man dann noch die niedrigen Kreditzinsen eines Großkonzerns, der eigentlich von Autos lebt, und technische Entwicklungen für umme einfach durchreichen kann, und das Nullrisiko der Insolvenz bei technischen Flops in Betracht zieht... . Exakt diese nachweislichen Dumpingpreise waren auch 83 der Grund für den Reagan Act, der die Einfuhrzölle für Japse drastisch erhöhte . Harley hat also kein Geld vom Steuerzahler bekommen, wie der obige Beitrag suggeriert, sondern die Steuerzahler mussten für Japaner einen deutlichen Aufschlag in den Staatsäckel abführen . Bis zur Finanzkrise kam bei allen japanischen Produkten noch ein jahrzehntelanges Wechselkursdumping, Umweltdumping mit billigem hochgefährlichem, weil nicht ordentlich sicher und damit teuer realisiertem (wie wir spätestens seit Fukushima wissen) Atomstrom und Lohndumping hinzu. Deswegen habe ich aus Prinzip von Japsen immer die Finger gelassen, weil ich solche miesen Methoden zu Lasten des Wettbewerbs grundsätzlich nicht unterstütze. Das lass ich mir aus Prinzip ne Mark / nen Euro kosten. Seit Tsunami und Finanzkrise sind 2 der drei Dumpingpfeiler weggebrochen, und siehe da: Was die Japaner seitdem neu rausgebracht haben, ist nur ein schwacher Abglanz des früheren Neuheitenfeuerwerks. Suzuki und Kawasaki sind sogar vom Vollsortimenter zum Nischenanbieter a'la Harley zurechtgestutzt worden, und das trotz Großkonzernen im Rücken. Seit hier ein Wettbewerb halbwegs auf Augenhöhe stattfindet, ist man in Japan doch recht kleinlaut geworden. Harley hat trotz seiner vergleichsweise winzigen Reserven mit der V-Rod und der Street demgegenüber großen Mut bewiesen. Ein Flop kann Harley das Leben kosten, bei Honda, BMW und Konsorten fliegt höchstens der Chef der Motorradsparte. Das erklärt auch die halbherzige Konstruktion der Street mit minderwertigen Bauteilen und öder Optik. Man kann sich einfach nicht mehr leisten, weil das gleich an die Substanz gehen würde.
Umso so bewundernswerter ist, wie Harley ein ganzes Jahrhundert völlig eigenständig (bis auf die 13 AMF-Jahre, die vor der Insolvenz gerettet haben) durchgehalten hat und dass noch mit der technisch extrem schwierigen Aufgabe, das klassische Konzept unter den heutigen Rahmenbedingungen darzustellen. Eine niegelnagelneue Konstruktion wie einen 90 Grad V2 oder auch einen Sechszylinder kann in Zeiten von CATIA V5 und ANSYS auch Hyosung auf den leeren Bildschirm kritzeln, um nicht zu sagen ein dressierter Affe. In den aktuellen Luftgekühlten Harleys steckt hingegen höchste menschliche Ingenieurskunst. BMW-Motorrad hat beim Formel1-Ausstieg alle Formel 1-Prüfstände geschenkt bekommen, also ist auch hier wieder kein fairer Vergleich möglich. Und das fortwährende Desaster mit den Wasserboxern (aktuell die Gabel) ist vor dem Hintergrund dieser gigantischen (weil ohne Konkurrenz) Testmöglichkeiten ein besonders erbärmliches Schauspiel. Solche Bolzen hat Harley mit seinen im Vergleich doch sehr bescheidenen Möglichkeiten m.W. nie gerissen. . Ich hab halt ne Schwäche für die Underdogs, die es aus eigener Kraft schaffen, und sehe die damit zwangsläufig verbundenen Defizite herzlich gerne nach.
Dieser Beitrag wurde schon 21 mal editiert, zum letzten mal von niterider am 30.07.2017 09:49.