Epilog
Giesing - Korsika - Ötztal: 3752km
Im Rückblick war dieser Trip ein wunderschöner Motorradurlaub. Korsika bietet ein enges Nebeneinander von Meer und Hochgebirge, durchzogen von tausenden Kilometern kurviger, aussichtsreicher und anspruchsvoller Straßen. Das Straßennetz ist weitgehend gut und extrem dicht. Und, so vermute ich, kein Vergleich zu den Verhältnissen noch gar nicht so lange vergangener Zeiten. Ich war bei meiner Recherche für diesen Bericht einige Male auf Google Streetview unterwegs, die Aufnahmen des Col de Vaccia von 2011 zeigen noch eine Schotterpiste, wo jetzt ein breit ausgebautes Asphaltband von bester Qualität entlangführt. Jetzt verstehe ich auch erst die Bemerkungen bezüglich des "Enduroparadieses". Das heutige Straßennetz ist sogar so dicht, daß ich ein halbes Jahr später schon Probleme hatte, die genauen Strecken nachzuvollziehen, da auf Korsika viele Wege zum jeweiligen Rom führen.
Korsika hat nicht nur hervorragende Motorradstrecken zu bieten, sondern auch atemberaubende Natur und schöne, spektakulär gelegene mittelalterliche Städte. Die Insel ist also nicht nur für Motorradfahrer interessant, sondern auch für alle möglichen anderen Arten von Touristen. Entgegen aller Aussagen war der Monat September keine menschenleere Nebensaison, die Fähre, die Straßen und die Städte waren voll, schon in einem Maß, daß es zumindest mich schon gestört hat. Die meisten der Videos auf Youtube sind in der Zeit um Ende Mai entstanden und ich würde denken, daß sich diese Zeit eher anbietet, auch wenn die Anreise durch die Alpen dann etwas schwieriger ist. Und so ist es auch nicht verwunderlich, wenn mir das abgelegene Porto Pollo besser gefallen hat als das vielbesuchte Calvi (oder auch Bonifacio).
Ein paar Makel lassen sich aber auch hier finden. Korsika ist bestimmt keine High-Speed-Insel. Enge, unübersichtliche Straßen, unvermittelte Schlaglöcher und allgegenwärtige Tiere auf der Fahrbahn verlangen nach einer vorsichtige Fahrweise. Zudem ist auch diese Insel von Erosion betroffen, die Regenfälle vor unserer Ankunft hatten jede Menge Sand und Dreck auf die Straßen gespült und praktisch jede Rechtskurve war verschmutzt. Also besser etwas langsamer fahren. Abgesehen von den üblichen Problemen, die wir in Frankreich mit dem Essengehen haben, war der größte Nervfaktor die unermessliche Zahl von Temposchwellen in allen Ortsdurchfahrten, oft im Abstand von nur 50-100 Metern.
Das waren aber nur kleine Schönheitsfehler einer ansonsten erstklassigen Reise. Die Anfahrt ist zwar etwas aufwendiger, man wird dafür aber reichlich belohnt. Würde ich wieder hinfahren? Jederzeit, allerdings dann mit besseren Reifen und intakten Bremsscheiben. Theoretisch zumindest, wenn nicht noch dutzende andere Ziele locken würden, die ich noch nicht besucht habe.