2. Tag: Samstag 22.05.2010 (Teil 1)
Ziel: Berggasthaus Beverin (Willy & Sabine), CH-7428 Glas/Tschappina
Strecke: ca. 308 km
Pässe: Norberthöhe (1.407 m, 8%) -- Reschenpass (1.519 m, 11%) -- Tauferspass (1.259 m, 10%) -- Ofenpass (2.149 m, 14%) -- Passo del Gallo (1.815 m) -- Formarinjoch (1.817 m) -- Foscanopass (2.291 m, 12%) -- Berninapass (2.330 m, 12%) -- Albulapass (2.322 m, 12%) -- Glaspass (1.846 m, 15%)
Start: 09:00
Ankunft: 16:00
Nachtrag: Wir sind für heute und morgen zu viert. Jox, ein Bekannter von Broti, kam gestern auf einer BMW RT 1100 dazu und fährt einen Teil der Tour mit uns. Er hat schon Einiges in den Alpen befahren, einige Pässe auf unserer Liste hat er aber noch nicht in seinem Reisebuch.
Am Abend zuvor drehte sich unser Gespräch um Bikes, die Eigenen und was es so am Markt gibt. Vorlieben, Fragwürdiges, Wünsche - was man so auf Messen zu sehen bekommt. Ich hatte in diesem Zusammenhang erwähnt, daß ich diesen Sommer noch einige Probefahrten machen würde (z.B. Moto Guzzi Griso 8V, Triumph Speed/Street Triple, BMW F 800 GS, ... weil es mir Spass macht, auch mal andere Maschinen zu fahren). Prompt kam der Einwurf "Hättest Du mal machen sollen bevor Du Dir eine Harley kauftst - Warum fährst Du 'ne Harley?". Auf das Programm der HD-Zweifler die BMW, Yamaha etc. fahren hatte ich keinen Bock, kennt man ja ... meine Reaktion fiel entsprechend spärlich aus "Jedem was er mag und mir meine Harley - außerdem falsche Frage. Die hätte lauten müssen: Warum gerade diese Harley?" Damit bekam das Thema eine andere Richtung und die damit verbundenen Emotionen blieben flacher. Gut so, ich wollte nicht bekehrt werden und wollte niemanden bekehren.
07:00 Uhr die Weckfunktion am BlackBerry meldet sich zuverlässig, wie die letzten Tage auch. Ein Blick aus dem Fenster zeigt, unsere Hoffungen wurden wahr: Sonne fett, Null Wolken. Schon am Morgen Temperaturen im Tal die auf bestes Grillwetter hindeuten - nun wir haben Besseres vor: 10 Pässe! Gestern abend haben wir uns noch für eine Alternativroute entschieden. In der ursprünglichen Tagestour war das Stilfser Joch enthalten, leider gesperrt - also ByePass.
Duschen, Frühstück, Klamotten zusammenpacken. Die Hecktasche wird ersetzt. Dabei kommt mir großes Staunen: alle meine Sachen passen in einen (!) 30 ltr. Speedbag. Bei der aufgeplusterten Hecktasche hatte ich den 2ten Speedbag bereits eingeplant. Ab zur Garage, aufsatteln. Mit den Gurten ist das fix gemacht, das Speedbag kommt längst in Fahrtrichtung auf das Soziusbrötchen. Es steht etwas nach hinten über, aber Blinker, Brems- und Rücklicht bleiben frei. Das MinPack mit der Regenpelle obendrauf geschnallt - paßt Klasse. Beim Probesitzen merke ich, das Speedbag bietet eine Zusatzfunktion: Rückenlehne/-stütze. Ich grinse innerlich, das ist nett und mehr als ich erwartet hatte.
Die Bikes werden aus der Garage gerollt. Auf zur Tanke, dort wartet Jox. Er nächtigte in einem anderen Hotel. Schnell noch das Visier gewaschen und getrocknet. Mit Vorfreude auf die 10 Pässe fahren wir vom Hof. Ohne zu bezahlen, wie wir später peinlich feststellen werden.
Hammerwetter, Samstag - da ist Himmel und Hölle untwerwegs. Die aus der Hölle sind echt schlimm.
Ein Mercedes LS 500, dessen Fahrer wohl auf den Namen "Deathwish" hören muß, rast und springt in Lücken. Dabei negiert er die Bedeutung von durchgezogenen Fahrbahnlinien, dies gilt auch für Kurvenfahrten. Da bin ich froh das wir nett cruisen, wünsche ihm "Gute Reise" und weg war er - gut, wenn sich die Gefahr abwendet.
So lerne ich auch Camper-Rampage kennen. Wir fahren durch einen kleinen Ort mit verdammt kleinen bzw. engen Gassen. Das heisst eigtentlich wollen wir fahren, stehen aber. Der Grund: Ein Mercedes ML 420 CDi zieht einen Caravan-Wohnwagen hinter sich her. Groß, Breit, Lang - das war er sicher auch schon als er losfuhr. Nur wird dem Fahrer dies gerade jetzt besonders bewußt. Der Caravan-Wohnwagen ist auf beiden Seiten ca. 40 cm breiter als der Benz, der ihn zieht. Nicht schlimm, wenn man mittig der Straße bleibt. Nun das ist dem RampageCamper nicht gelungen. Er hat sich weit links auf der engen Straße positioniert und die wird links und rechts von Häusern gesäumt. Bei diesem Nadelöhr hatte er sich nicht so richtig eingefädelt. Die Ecken der Häuser haben noch einen Kniehohen Rammschutz (eine Art Granitsäule - die Bewohner hatten sicher schon ungebetene Gäste am Kaffetisch), so wird die Durchfahrt noch enger. Während also der Benz fast mit den linken Spiegeln an der Hauswand schrapt, steht die linke Seite vom Caravan-Wohnwagen quasi hälftig vor der Einfahrt. Da stell ich den Motor aus, Snickers - das dauert länger. Wirklich rangieren kann man nicht, alle sind dicht aufgefahren. Zum Glück steh ich im Schatten, beobachte entspannt das Schauspiel. Alle Fahrzeuge hinter dem Benz versuchen ihm Rangierfreiheit zu verschaffen. Schwieriges Unterfangen, da die Gasse einspurig ist, mit 'nem Gehweg, der den Namen nicht verdient. 20 min. später können wir weiter, der Benz-Propfen hat es irgendwie geschafft - ohne Sonnenöl und Schuhanzieher - beachtlich.
Wir wollen die Berge, andere auch. Etliche Reiskocher jagen auf der Landstrasse an uns vorbei. Die Überholmanöver sind nicht ohne. Hier wird vorausgesetzt, daß man bei Bike gegen Bike in der selben Spur überholt. Die freie Gegenfahrbahn ist tabu. Ich steh nicht auf derartigen unverhofften "Kuschelkontakt" und mache mich in meiner Spur breiter.
Die Sonne lockt alles auf 2 Rädern auf die Straße, wir sehen nur noch Biker ... Biker² ... Biker³ ... und endlich auch Harleys. Da fühl ich mich gleich nicht mehr so einsam.
Wir sehen einen Kirchturm - Kirche Alt-Graun - in einem See und halten an, das ist ein Foto wert.
Unser Weg führt uns häufiger durch Halbtunnel, so überdachte Unterfahrungen am Berg. Man sieht rechts oder links die Landschaft, das ist cool mehr als cool. Auch echte Tunnel müssen wir häufiger durchfahren, das ist weniger cool bis uncool.
Da ich mit getönten Visier fahre, muss ich bei der Tunneleinfahrt das Visier (zu 2/3) hochklappen, damit ich etwas sehe. Das klappt nach und nach immer besser und wird zu so einer Art Reflex kurz vor dem Tunnel. Ich fahre im Tunnel freue mich wegen der vielfältigen Eindrücke. Plötzlich ein lautes Patschknall - ich erschrecke heftig ... ein dicker fetter Tropfen zerschellt an meinen Visier - vorgemerkt als Schreckenstropfen.
Wir haben alle Tunnel, schmale, lange, einspurige, beleuchtete oder auch nicht - alle haben eines gemeinsam: Überholverbot. Ein kleiner weisser Scirocco mit italo-Kennzeichen nimmt das nicht so genau und überholt einen ordentlichen Fahrzeugblock. Ich hoffe auf das Licht am Ende des Tunnels, bevor der Scirocco evtl. noch die physikalischen Gesetze in Frage stellt und versucht seinen Vorsprung durch eine Fahrt an der Tunneldecke zu vergrößern - blöde Werbung.
Teil 2 und Bilder folgen ...
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.: aXRo ~ Harley !! ... lebe laut :.
Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von aXRo am 30.05.2010 21:33.