Sodele,
ich habe mich mal näher mit der Indian Chief befasst, habe sie in beiden Varianten angeschaut und bin die Vintage Probe gefahren.
Zunächste einmal ist der optische Eindruck ganz gut. Zumindest auf den ersten, aber kritischen Blick, gute Qualität, saubere Verarbeitung.
Der Motor wirkt optisch auf mich, als würde es sich, wie bei HD, um eine Maschine handeln, die einer Jahrzehnte währenden Evolution entsprungen ist. Aber ich verstehe nicht, warum man sich nicht an den originalen Zylinderwinkel gehalten hat, wenn man schon versucht, akribisch das Original wiederauferstehen zu lassen. Óptisch jedenfalls sieht das Teil. jedenfalls die rechte Seite, absolut Sahne aus. Hammer! Nur links, das globige Ding zwischen den Zylindern ... ;-)
Habe mich aber nicht allzu lange mit dem Gucken aufgehalten und bin losgebollert ....
Drauf gesetzt, alles passt wie angegossen.
Mir (1 3/4 m) passt ne Road King irgendwie nen Hauch besser, bei der kann ich die Füße auch auf die Vorderkante der Trittbretter klemmen, geht hier nicht, ist irgendwie größer. Aber lange Trittbreter, so dass man bei langer Strecke ein wenig hin und her rücken kann. Lenker passt auch. Breit genug, allemal weit genug zum Fahrer. Mir gefällt wiederum die Position auf der Road King etwas besser, dort sitze ich etwas mehr nach vorn geneigt (wir reden hier aber von wenigen cm). Aber es gibt natürlich auch andere Lenker, falls es nicht past.
Der Sitz ist richtig gut. Trägt nicht so dick auf (wie zB bei ner E-Glide), ist aber saubequem. Spitze!
Die Armaturen sind gut bedienbar. Die Anzeigen umfassen neben 2 Tages-km-Zählern auch nen Drehzahlmesser, an dem man die 750 U/min Leerlauf ablesen kann .... Es gibt außerdem auch ne analoge Tankuhr, die angeblich (ich konnte es nicht überprüfen) wie die digitale Restweitenanzeige sehr genau sein soll.
Die Chief hatte den Stage I Kit verbaut, sprich ein paar Innereien des Auspuffs entfernt (wenn ich es richtig verstanden habe) + anderes Mapping = 90 PS statt 75. Kostenpunkt: 100-150 €€, da kann man nicht meckern!
Der Klang war ganz o.k., würde ich sagen, mir war es zumindest laut genug. Das Gerät zieht sofort los, wenn man die ersten mm Kupplung kommen lässt, und zwar richtig kräftig. Abwürgen kann man die wahrscheinlich überhaupt nicht. Entgegen einem Test von Anfang des Jahres in der Motorrad empfand ich die mechanischen (Neben-) Geräusche der Maschine als extrem zurückhaltend, kein Pfeifen, Sirren, Klappern, nur das dumpfe Bollern des Auspuffs - besser als bei der HD.
Man spürt schnell den laaaangen Radstand. Angesichts dessen fährt sie sich sehr - ich wollte handlich schreiben, aber nein ..... - leichtfüßig und flüssig - eine Road King wiederum würde ich als handlicher einschätzen. Aber mir war nur eine Stunde gegeben und ich konnte keine wirkliche Motorradstrecke testen, von daher bleibt es bei Vermutungen. Auf jeden Fall kann man mit dem Gerät durch Kurven fahren, wie flott genau bleibt noch zu erkunden ... Ich habe mich sogar getraut zu wenden .... ;-)
Der Motor jedenfalls, da gebe ich meinen Vorrednern recht, ist das Sahnestück des Bikes! Hammer! O.k., mehr kann man sich immer wünschen, aber es ist echt klasse, wie spontan und heftig das Teil aus unteren und mittleren Drehzahlen anzieht .... nicht nur im Stadt- und Landstraßenverkehr, sondern auch, wenn man mit 120 über die Bahn tuckert und man mal spontan und zügig überholen möchte. Dreh am Hahn und schwupps ist man auf 150 und am Kleinwagen vorbei ... In niedrigeren Geschwindigkeitsbereichen geht das noch wesentlich besser, in der Stadt schon erschreckend gut. Geil.
Die Stabilität ist vorbildlich. Auch bei 180 Sachen (Tacho). Mehr habe ich übrigens in 2-3 Anläufen nicht erreicht. Ist eigentlich auch Wurscht, wollte es nur erwähnt haben.
Der Windschutz ist super, besser als auf der Road King, keine Verwirbelungen, nix stört.
Mir fehlt etwas das Rütteln und Schütteln einer Road King, das habe ich wirklich vermisst. Dies und der lange Radstand könnten technische Hinderungsgründe sein. Und dann gibt es noch kosmetische/optische:
Meines Erachtens haben sich die Leute gut an die Vorgaben der Originale gehalten - nur die Hinterradverkleidung gefällt mir (auch gegenüber dem Original) nicht so recht. Ohne Koffer wirkt das Teil auf mich wie n Motorroller. Nicht wirklich mein Ding, nackt würde ich sie nicht haben wollen. Also: was ist mit Koffern? Hier geht's dann los: man kann generell schon alles haben - aber wirklich günstig sind nur die Lederkoffer. Find ich nicht so dolle. Die sind nicht abschließbar und optisch geht so Lederzeugs in meinen Augen nicht gut, ob mit oder ohne Fransen. Wenn man sich die originalen Koffer der Chieftain nachordern will ist das möglich, kostet dann aber - bis die Teile dran sind, lackiert usw, u.a., weil dann andere Endtöpfe nötig sind - ca. 3 t€. Alternativ gibt es welche aus dem Zubehörmarkt, wohl auch mit passender Form, aber auch da kommt man auf weit mehr als nen Tausender und ob das dann wirklich so wie aus einem Guss passt? Von daher ist es wahrscheinlich am sinnvollsten, die Classic zu wählen und sich (wie Schwälmer) die benötigten Teile dazu zu ordnern.
Alternativ könnte man die Chieftain wählen, preislich käme man dann viel günstiger als die Classic umzubauen, da die Chieftain ca. 26 kostet und die Koffer schon dabei hat. Und ne dicke Verkleidung. Wer auf E-Glide steht: die Chieftain ist die Alternative. Für mich ist das nix.
Alles in allem ein richtig gutes Motorrad und ne absolut ernst zu nehmende HD-Konkurenz und keine HD-Kopie. Wettbewerb belebt das Geschäft. Bin diesbzgl. gespannt auf die Zukunft ....
Die Chieftain hat ne steilere Gabel und soll deswegen wesentlich agiler sein. Das könnte der Chief möglicherweise auch gut tun ....
Ich könnte mir auch noch einen Hauch optischen Feinschliffs an der Heckverkleidung vorstellen und wäre mal neugierig, so ein Teil mit ner Spriner-Gabel zu sehen oder mit nem wirklich lauten Auspuff zu hören oder zu fahren, wenn noch jemand ein paar cm³chen herausgeschnitzt hat ;-)))
Das nur so als Idee oder Träumerei, nicht als übermäßige Kritik. Die Maschine ist schon gut, so wie sie ist. Und dafür, dass sie mal eben so aus dem Boden gestampft wurde allemal! Alle Achtung!
Sehr interessante Geschichte ....
Beste Grüße
S.
PS: Was man aber noch mal klar anmerken muss: eine Indian Chief ist teurer als eine vergleichbare Road King. Wenn man mit der Chief Vintage im Werkszustand (braunes Leder) einverstanden ist, sind es über 2,8 t€ (Trittbretter hinten und Sturzbügel hinten wären nachzurüsten); geht es um eine Chief Classic und man ordert Taschen, Scheibe usw dazu, reden wir über ca. 3,8 t€ ....
Dieser Beitrag wurde schon 2 mal editiert, zum letzten mal von sk68 am 02.09.2014 17:47.