Und weiter gehts mit der Motordemontage:
Als erstes kommt die Ölpumpe ab:
Foto 1: Dazu muss an dem linken der beiden Pumpenräder ein winziger fummliger Sicherungsring von der Pumpenwelle abgequält werden, bei unseren Dioptrien gar nicht so einfach!
Das rechte Pumpenrad wird vom linken angetrieben und rotiert auf einer Achse, die am Pumpengehäuse fest ist. Das Pumpengehäuse wird abgezogen und ...
Foto 2: (nachträgliche Ergänzung vom 3.1.2016) .... auf der Rückseite ist nochmal eine identische Pumpe. Hier sieht man (wegen Schärferem Foto) schön, wie so eine Zahnradpumpe funktioniert:
Die Zahnräder nehmen in den Lücken zwischen den Zähnen das Öl mit und pressen es im Bereich des Zahneingriffes aus der Lücke raus. So wird der Öldruck erzeugt. Die Förderleistung wird von Breite und Durchmesser der Zähne bestimmt, der erzeugbare Druck von der Passgenauigkeit der Bauteile und damit ihrer Dichtwirkung, will heißen von der Menge Öl, die von der Hochdruckseite zwischen Zahnspitzen und Gehäusewänden und Zahnradseiten und Gehäusedeckeln auf die Niederdruckseite zurückspritzen kann.
Fotos 3+4: : (nachträgliche Ergänzung vom 3.1.2016) Da Harleymotoren im Triebstrang (Pleuellager, Kurbelwellenhauptlager) wie bei Zweitaktern nur Wälzlager haben, brauchen diese Lager auch nur eine Ölspülung wie bei Zweitaktern und keinen Öldruck wie ihn Gleitlager brauchen. Daher brauchte Harley seit dem erstmaligen Einsatz einer mechanischen Frischölpumpe in den 20ern nie eine besonders präzise gefertigte Pumpe, die dadurch hohe Drücke erzeugen kann, dass nur wenig Lecköl von der Hochdruckseite zur Niederdruckseite zurückspritzen kann. Billiger ist das aber nicht, weil eine komplett wälzgelagerte und daher zwangsläufig aus mehreren Teilen gebaute Kurbelwelle viel teurer als eine aus einem Rohling gesenkgeschmiedete Gleitlagerkurbelwelle ist.Die Wälzlagerung erzeugt aber nur einen Bruchteil der Reibung einer Gleitlagerung. Das ist der erste Grund, warum eine Harley so wenig Sprit verbraucht. Man hat diesen Weg wohl einfach wählen müssen, weil man in den USA noch nie zu einer solch präzisen Fertigung von Bauteilen fähig war wie in Europa, was schon durch das schlichte Fehlen einer Passungsnorm deutlich wird. So musste man die nicht erreichbare Präzision und damit Dichtwirkung und damit den nicht erreichbaren hohen Öldruck der Ölpumpe durch eine kostenintensive, komplexe Bauweise in Gestalt der wälzgelagerten Kurbelwelle kompensieren die mit fast ohne Öldruck auskommt.
Genial:
1. Ein System (Pumpe, Gehäusedichtungen, Leitungen , Leitungsmuffen) mit wenig Öldruck ist viel betriebssicherer als eines, was diese Systemteile ständig hohem Druck aussetzt (Druckumlaufschmierung). Außerdem frisst ein Gleitlager sofort, wenn der Öldruck wegen Systemundichtigkeiten einen Grenzwert unterschreitet. Mit den ölgespülten Wälzlagern einer Harley kann man notfalls fast ohne Öldruck noch nach Hause fahren, ganz einfach, weil die Rollreibung eines Wälzlagers so gering ist, dass es z.B. im Tretkurbellager eines Fahrrades nur mit Fettfüllung ganz ohne Öldruck funktioniert ! Außerdem hält das Restöl in den Lagern noch eine ganze Weile vor! Nicht zuletzt hat ein Harley-Motor eine Tauchschmierung (Foto 5) wegen Unterdimensionierung der Absaugpumpe (Erklärung s.u.), wodurch das Pleuellager bei jeder Umdrehung in das im Kurbelgehäuse stehende Öl eintaucht. Über die Nebenwirkungen reden wir ganz unten.
2. Die an sich schon aufwendige Kurbelwelle hat auch noch eine lehrbuchgerechte Fest - (Foto 3) - Los - (Foto 4) - Lagerung. Das heißt, wenn die Kurbelwelle sich unter der Wucht der bei jeder Umdrehung beschleunigten und abgebremsten Kolben unvermeidlich durchbiegt, wird sie von den Kegelrollen des Festlagers am Gehäuse festgehalten und kann mit dem Zapfen des Loslagers präzise fixiert nur mit einem Hauptlagerzapfen hin und herrutschen. Billige Gleitlagerkurbelwellen wie in BMWs 2-Ventilern ab 69 haben nur eine Stützlagerung mit Stützscheiben über jedem Hauptlagerzapfen, zwischen denen die ganze Kurbelwelle bei jeder Durchbiegung undefiniert hin- und herschlackert. Wenn sie sich bei sehr großer Hitze zu sehr ausdehnt, fängt sie an, zwischen den Stützlagern zu klemmen. Hier liegt das Geheimnis der Robustheit der WLA- und BMW-Boxermotoren des WKII, die beide voll wälzgelagert waren (BMW bis 68, Harley bis heute) .
Foto 4: ganz rechts auf dem Hauptlagerzapfen sieht man die aufwendige, aber absolut betriebssichere Spiralverzahnung für die Ölpumpenwelle, die seit TC wegrationalisiert wurde.
Fotos 1+2: Warum aber hat eine Harley 2 Ölpumpen?: Bei einer Trockensumpfschmierung werden nun mal 2 Pumpen gebraucht, eine Förderpumpe in den Motor und eine Absaugpumpe aus dem Motor in den Öltank. Auffällig ist, dass hier die 4 Pumpenräder noch gleich groß sind, während bei z.b. einer aktuellen Sporty, die Absaugräder viel dicker sind, also viel mehr Förderleistung haben als die der Förderpumpe in den Motor. Man will offensichtlich das Ölpanschen im Kurbelhaus mit allen Mitteln vermeiden.
Foto 5 (aus dem empfehlenswerten Reprint des Buches von Kurt Mair "Das Kraftrad, Technik - Pflege - Reparaturen" von 1937 abfotografiert ): Beim Early Shovel hat man hingegen noch eine gleich große Förderleistung beider Pumpen, was zwangsläufig zu der zuvor beschrieben archaischen Tauchschmierung der 20er Jahre führt, die auch nur bei den niedrigen Drehzahlen der 20 er funktioniert. Ab 5000 / min wird das Öl wie Schlagsahne schaumig gerührt ("Ölpanschen") und schmiert nicht mehr.
Dieser Beitrag wurde schon 42 mal editiert, zum letzten mal von niterider am 16.01.2016 16:33.