Eben erfahre ich am Telefon von unseren gemeinsamen Kumpels, daß mein Schrauberkumpel ernsthaft erkrankt im Krankenhaus liegt. Wie es jetzt mit dem roten Projekt weitergeht, kann ich erstmal nicht sagen. Ich muß jetzt erstmal mit unserem "dritten Mann" am Samstag irgendwie den Laden am Laufen halten und werde, selbst wenn wir am roten Projekt weitermachen, nicht mehr soviel Zeit zum Fotografieren zwischendurch haben. Eine detaillierte Demontagedokumentation a´la Werkstatthandbuch wird wohl bis auf weiteres nicht drin sein, lediglich die Schlüsselweiten will ich mir weiter notieren, damit wir es beim Wiederaufbau einfacher haben. Ich versuche, zumindest die interessanten Details vom offengelegten Innenleben festzuhalten, damit wir hier gemeinsam den Vergleich mit den OHV-Big Blocks und Small Blocks machen können, die wir alle viel besser kennen. Zu Hause habe ich natürlich Zeit, Euch weiterhin meine Gedanken zur Gesamtkonzept und zu technischen Details zu erzählen, denn ich hatte aus den bisherigen Rückmeldungen den Eindruck, daß Euch auch das interessiert. Das hier soll und kann kein Lehrbuch sein, sondern meine ganz persönliche Einschätzung, also freue ich mich nicht nur über Lob, sondern auch über sachliche Kommentare, andere Meinungen und Richtigstellungen.
Fangen wir mit meinem Lieblingthema, der Schmierung an, soweit wir was von außen sehen können:
Foto 1: Vor den Wellendichtring der Kurbelwelle hat man offensichtlich nachträglich ein Blech auf die eingeklebten Bolzen gesteckt, an das man einen Versteifungsring zum besseren Halten
des Wellendichtringes geschweißt hat.
Foto 2: Endlich können wir von unten die Absaugpumpe sehen, die von ihrer länglichen Gehäuseform her eine Zahnradpumpe zu sein scheint, wie wir sie u.a. vom Early Shovel her kennen. Sie sitzt schon an der gleichen Stelle, wo sie immer noch beim letzten Abkömmling dieser Motorenfamilie, dem heutigen Sportstermotor, sitzt. Wir wissen ja bereits, dieser große Flathead ist ein "Onkel" des Sportstermotors, da er ja eine aufgeblasene Version des direkten Vorfahrs des Sportstermotors,des W-Motors, ist. Allerdings ist hier im Foto gut erkennbar ein Kanal zwischen Nockenwellengetriebegehäuse und Ölpumpengehäuse geschaltet. Wahrscheinlicher Sinn des Ganzen: der Überdruck durch die runtergehenden Kolben (das Prinzip hatten wir vorne beim Early Shovel schon) muß das Öl aus der Kurbelwanne nicht so weit hoch zum Einlauf der Absaugpumpe drücken, weil der Kanal ja UNTER dem Nockenwellengetriebegehäuse sitzt.
Fotos 6,7 (nachträglich eingefügt): Auch beim zeitgleich zum Big Flattie V (74 cui) herausgebrachten W-Motor als direktem Vorfahren des XL-Motors sehen wir diesen unter dem Nockenwellengetriebegehäuse angegossenen Öleinlaufkanal zur Absaugpumpe,leicht erkennbar an den 4 eingeschraubten Stehbolzen für das gemeinsame Gehäuse beider Zahnradölpumpen (Zuführen und Absaugen) ...
Foto 9: (nachträglich eingefügt): ... den wir auch noch bei den K und frühen XL-Motoren finden, die ja den Motorblock 1:1 unverändert vom K-Motor übernommen haben.
Fotos 8+10 (nachträglich eingefügt, Foto 10 mit freundlicher Genehmigung von peperoni13): Ab der 2. Generation der XL -Ironheads ist erst die Pumpe gleich von unten am Nockenwellengetriebegehäuse angeflanscht, hier am Beispiel einer aktuellen Sporty-Nockenwellenkammer gezeigt (Foto 10: Iron). Ab dann wurde der Kanal also "wegrationalisiert", was die Gußform der rechten Motorgehäusehälfte bedeutend vereinfachte, da ja kein Gußkern mehr für den Kanalhohlraum kompliziert in der Sandgußform befestigt werden mußte. Einer der seltenen Fälle in der Technik, wo eine Vereinfachung auch eine Verbesserung bedeutend, denn das aus der Kurbelgehäuse hochgedrückte Rücklauföl kann nun bis heute die Schmierung der Zahnradkaskade deutlich verbessern, die die Nockenwellen antreibt. Am deutlichsten ist diese Kanalweglassung zu sehen beim Vergleich der Fotos 6+7 mit Foto 10, wo man die alufarbene Gerotorpumpe direkt unter dem NW-Getriebegehäuse angeflanscht sieht.
Foto 3: Je länger wir während der bisherigen Arbeiten am roten Projekt auf dieses runde Gehäuse der Frischölförderpumpe gestarrt haben, desto mehr keimte in uns der Verdacht auf, daß es sich hier tatsächlich um eine aufwendige Zahnring- oder Eatonpumpe handeln könnte, wie wir sie bei Harley erst wieder ab 98 beim TC und ab 2004 bei der Sportster sehen. Die jüngeren Techniker unter euch dürften vermutlich nur das (wie heute leider üblich
) Kunstwort "Gerotorpumpe" kennen. Falls sich unser Verdacht bewahrheitet, werde ich natürlich, gerade auch für die Nichttechniker, genauer darauf eingehen, versprochen!
Foto 4: Obwohl Behördenmotor (Big Flatty) und Sportmotor (Knucklehead) sowie sein Nachfolger Panhead sich die gleiche Plattform, also auch den gleichen Triebstrang teilen, gibt es doch kleine, feine Unterschiede. Hier sieht man nochmal zur Schmierölversorgung der Primärkette in der Blechprimarrückwand die beiden Anschlußöffnungen für Hin- und Rücklauf zur Ölpumpe von Knuckle und Pan, ...
Foto 5: ... während die ansonsten identische Blechprimarrückwand des Big Flatty nur ein Loch als Durchführung für die Schmierdüse der Verlustschmierung aus dem Kurbelhaus aufweist. Das Ablaufloch ins Freie ist so klein, daß man es kaum sieht.
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