TEIL 2 / 2 (der längere...)
- Soziustauglichkeit
Kommt m.E. drauf an, wie lang die einzelne Tour ist.
a.) Da gibt es z.B. für die ganz schnelle, kurze Nummer 'ne extra Sissibar aus dem Originalprogramm. Stützt im Bereich des Steissbeins super ab.
Aussehen: Na, geht ohne Augenkrebs.
b.) Für die gelegentliche (!) lange Nummer kann's - übrigens auch für den Fahrer - ein Airhawk- Kissen tun. Hab ich eins für mich und benutze es für die gaaaaanz langen Autobahn- Anfahrten.
Vor Ort dann wieder gefühlsecht. Mit dem XR- Sattel ist es wie mit einem guten Fahrrad- Sattel: Am Anfang sterben Deine Sitzknochen den Druckstellen- Tod. Aber wenn Du Dich dran gewöhnt hast, isses einfach nur geil! Für die Sozia auch das Airhawk NUR MIT Sissibar.
c.) Es gibt 'ne Menge guter Ausrüster, die aus den Sitzbrötchen veritable Sitzbänke machen, die gut aussehen. Es lohnt sich, mal danach zu stöbern. Mit etwa 300 ... 500 EUR bist Du mit sehr guter Qualität bedient. Am besten ist, die Maschine von der Seite zu fotografieren und auf den Fotos einzuzeichnen, wie die Sitzbank ausgeformt sein soll.
Übrigens: Die Sitzbank und das Sozius-Brötchen lassen sich sehr einfach wechseln, sollte also kein Hindernis sein.
und
Die hintere Federvorspannung ist eine Krankheit. Hast Du die Orignaltröten dran, musst Du die abbauen, sofern Du kein Spezialwerkzeug hast. Das suche ich selbst noch.
Ich habe eine Remus. Gleiches Problem. Hab mir bisher - bitte nicht schlagen - mit dicken Lappen und einer Rohrzange beholfen. Ist aber keine Dauerlösung.
- Alltagstauglichkeit
Unbedingt und ohne Einschränkungen.
Anspringen war (auch bei Schnee...) nie ein Thema.
Wenn die Schalter gepflegt sind (WD40) funktioniert alles zuverlässig.
Zahnriemen: Noch Fragen...??
Das Hinterrad saut Dir - anders als bei vielen anderen Maschinen - eben NICHT den Rücken ein.
Ich fahre die Original Harley Scheibe mit Farbverlauf, das hilft im Körperbereich.
Für die ganz kalten Tage suche ich selbst noch nach 'ner optisch erträglichen Lösung für die Vorderflossen.
Heizgriffe sind mit Membranhandschuhen nicht die erste Wahl, weils sonst schnell feucht und dann kalt wird. Ich denke über Stulpen nach.... ja, die, mit denen die Jungs aufs Elefantentreffen fahren. Bisher benutze ich Snowboard- Handschuhe mit Innenhandschuhen. Geht.
Reifen hab ich die Dunlop Roadsmart drauf. Auch bei kältestem Wetter vom ersten Augenblick an verlässlicher Grip. Die Qualifier... na, ja... für den richtigen, harten Alltag für mich nicht die erste Wahl, vor allem, wenn sie kalt sind und die Straße nass ist.
Übrigens: Roadsmart mit 2,3 / 2,6 wunderbar zum XR Fahrwerk passend.
Wenn's ganz kalt ist, holpert das Fahrwerk die ersten km - klar, eigentlich.
Gepäck: Ich hab mir die H.D. - Gepäckbügel montieren lassen. Optisch: Geht so.
Um 'ne Tasche hinten drauf zu spannen aber richtig gut.
- Tourentauglichkeit (eingeschränkt)
Meine längste Tour mit der XR war bisher eine Woche mit 250...300 km / Tag.
Anfahrt / Rückfahrt mit Airhawk- Sitzkissen, größte Größe. Vor Ort gefühlsecht.
Wie gesagt: Die Sitzhöcker müssen sich dran gewöhnen.
Die Sitzposition finde ich genial. Die Fußballen sind genau unter dem Körper- Schwerpunkt. So ist das Feeling für die Maschine richtig gut.
Die Lenkerkröpfung fühlt sich im Stand vielleicht komisch an. In Bewegung unterstützt sie aber eine komplett entspannte Körperhaltung.
Für große Menschen finde ich das Sitzdreieck sehr gut gelungen. Für Kleinere wird das schnell zur Qual.
Die XR will mit dem Kinn gefahren werden. Dann ist sie auch sehr (!) handlich. Hört sich seltsam an? Nun, einfach mal testen, das Kinn Richtung Scheitelpunkt (oder Rückspiegel) zu schieben, ähnlich wie beim Hanging Off, das kurveninnere Knie gedanklich etwas vor schieben. Kurveninnere Schulter locker nach unten fallen lassen... und .... aaaah...
Mit dieser Technik war bisher auch Schräglagenfreiheit nie ein Thema für mich. Nominal 40° lassen einiges zu, die XR ist aber nicht für einen drückenden Stil gemacht. Da axtest Du Dich tot und bist abends nach der Tour total platt und denkst: "Was 'ne Scheisskiste..."
Satteltaschen von Ortlieb. Bei Bedarf noch zusätzlich die Gepäckwurscht vom gleichen Hersteller. Passen gut an die Maschine, halten sich kostenmäßig in Grenzen, schlucken ordentlich und sind die restliche Zeit über relativ klein zu verstauen.
Tankrucksack von H.D. funktioniert im Großen und Ganzen gut, Hardcover mit zusätzlicher Vergrößerungsmöglichkeit über Reißverschluss. Lässt sich tiptop an der Maschine befestigen. Würde ich mir aber - aus einem saubanalen Grund - nicht wieder kaufen:
Das Klarsichtfach für die Karte / das Navi hat eine komische Form und ist zu klein. Wenn es sehr kalt wird, wird das Ding spröde. Dafür ist das Teil per Klettverschluss einfach umzudrehen.
Da gibt es aber trotz allem sicher Besseres von anderen Herstellern.
- Aussehen, Charakter und Charme
XR 1200; orange: Noch Fragen?
Schon das morgendliche Ritual des "Anschießens" zaubert mir das Grinsen ins Gesicht.
Und wenn sie dann bei dreieinhalbtausend tröötet, wie ein Flugzeugmotor - Mensch, was brauchst Du mehr?
Ich komme von einer GSX 1400. Hat prima funktioniert. Emotional für mich aber kein Vergleich zu meiner Lady
- Etwas Punch und gutes Handling
Punch: Aus meiner Sicht mehr genug für den täglichen Gebrauch. Man denke auch an Pisswetter, Kälte. Wohin dann mit dem ganzen "Punch"?
Wenn's mehr sein soll, sage ich nur einen Namen, der den Kenner ehrfurchtsvoll auf die Knie sinken lässt:
Ulf Penner. Man kennt ihn aus der MO. Dann kommt's nur noch drauf an, was Du ausgeben möchtest. Überlege ich mir auch, wenn ich dann vielleicht 'ne Fat Bob als Zweitfahrzeug fahre und die XR mal für ein paar Wochen entbehren kann...

Handling siehe oben: Die XR mag nicht gedrückt werden. Also legen und "mit dem Kinn" führen. Trotzdem isses keine 125er, klar. Aber wenn Du Dich dran gewöhnt hast, willste nix anderes mehr. Die Kilos haben für mich den Vorteil, dass sich die Dame auch nicht so leicht von Kleinigkeiten wie Seitenwind o.ä. aus der Ruhe bringen lässt.
Meinen Kumpels auf 1150GS, K1200R, CBF600R, Speed Triple, XB12S war's bisher jedenfalls nicht zu langsam, wenn wir gemeinsam unterwegs waren.
- Funktion und andere Bikes
BMW, Bandit und Co. funktionieren prima, keine Frage!
Aber eine Harley LEBT !!!

Und das - nur das - ist der alles entscheidende Unterschied.
Eine Harley kauft man nicht nur, man geht mit ihr eine Beziehung ein und lebt mit ihr.
Klingt verrückt? O.K. mag sein. Probiers aus...

Und was die Funktion angeht: Was an meiner XR dran ist, funktioniert auch.
Da unterscheidet sie sich nicht von BMW und Co., bei denen die Funktion darüber hinaus auch nicht immer sichergestellt zu sein scheint.
- Magazine und Tests
Ich hab 3 grosse Magazine abonniert.
Ich sage: Vergiss, was die schreiben. Für sind viele Inhalte, vor allem und besonders die "objektiven Tests" eine moderne Form des Protektionismus. Kann ich z.T. ja verstehen.
Muss man aber nicht alles glauben.
Was sagt ein 1000 Punkte Test über Emotionen aus? Was sagt er darüber aus, ob Du eine Woche lang mit maximal 60 km/h über verschlungene Strässchen Sachsens hampelst, ohne dass Dich Deine Kiste ankotzt? Was sagen die ganzen Berichte über das tägliche Leben mit einem Bike aus? Gut - ausgenommen die Fuhrpark- Nachrichten vielleicht. Das kommt noch am ehesten hin, weil da die Hosen runtergelassen werden müssen: Beim 50.000 km Dauertest hat eine Road King Classic den ersten Platz abgeräumt! Noch Fragen?
- Triumph
'ne Bonnie iss'n schönes, klassisches Bike. Kann man auch mit glücklich werden. Hat aber laut Tests ebenfalls mit schweren Macken zu kämpfen...

Ich denke: Die Bonnie wird auch ihren Dienst tun. Auch die wird mit ein paar wenigen Anpassungen zuverlässig und komfortabel laufen. Auch die hat das Potenzial zu Emotionen.
Und auch die hat ein nicht zu vernachlässigendes Kampfgewicht.
- Technik
Hinkt die Harley Technik wirklich der von BMW hinterher?
Ich denke, es kommt drauf an, was ich in meinem Lastenheft stehen habe.
Bei mir muss das Bike FUNKTIONIEREN - und zwar in allen Aspekten und in allen verbauten Teilen. Bei jedem Bike werde ich Kompromisse eingehen. Mehr oder weniger.
Wenn ich aus Sicht der größten Literleistung draufkucke - ja, da "hinkt" die Harley hinterher.
Wieviel Leistung braucht der Mensch wirklich?
Aus rein funktionaler Sicht sehe ich einige richtig gute Details an meiner XR, die mir zeigen, dass die Jungs in Amerika seit fast 110 Jahre durch mehrere Epochen hindurch ERFOLGREICH Motorräder gebaut und VERKAUFT haben.
Und ich höre die Kritiker aufschreien, wenn ich behaupte, dass ich bisher noch kein Motorrad gefahren habe, vom Werk ab ohne jede Einstellschraube am Fahrwerk versehen, bei dem die sorgfältige Abstimmungsarbeit so deutlich zu spüren ist, wie an der XR. Ja, auch da sind sicher Kompromisse gemacht worden. So ist die XR sicher NICHT für leichtgewichtige Menschen gebaut. Die leiden Qualen. Aber für einen 100 kg- Eisbär wie mich ist das so, wie ich beschrieben hab. Steh ich voll zu!!
So gibt's für mich da auch nichts "in Kauf zu nehmen".
Ich bekomme mit einer XR eben ETWAS TOTAL ANDERES, als mit einer GS.
Der mit der GS muss dafür andere Sachverhalte "in Kauf nehmen".
- Anfänger
Wenn Du bereits mehrere Jahre erfolgreich mit einem motorisierten Zweirad am Straßenverkehr teilgenommen hast, bist Du - zumindest für mich - kein Anfänger mehr; zumal Du Allwetterfahrer zu sein scheinst.
Und wie willst Du Erfahrung mit einem großen Bike sammeln, wenn Du nicht mit einem großen Bike fährst? Irgendwann musst Du anfangen...

Jedes andere Motorrad dieser Gewichtsklasse musst Du genau so fahren.
Also: Tu's einfach!
Hirn einschalten und eingeschaltet lassen.
Langsam angehen. Taste Dich ran. Dann wird alles gut.
Gute Literatur von Bernt Spiegel: "Die obere Hälfte des Motorrads"
Hope it helps !!!