Frohes Neues Jahr…
Ich komm erst jetzt wieder zum Schreiben; denn die Polieraktion hat doch etwas länger gedauert, als ich zuerst gedacht habe.
So eine Harley ist ja ganz schön verwinkelt und es gibt da jede Menge Ecken, in denen sich so der Staub der Landstrasse festsetzen kann. Ich bin auch letzlich nicht mit den 95 Tuben ausgekommen. Ich hab nochmal 20 Tuben vom Harley-Weihnachtsmarkt nachgekauft und hab irgendwann auch die Zahnbürste meiner Squaw ins Putzgeschehen eingebunden.
Da Resultat konnte sich wirklich sehen lassen. Die V-Rod hat geblinkt und gefunkelt, wie unsere Christbaumkugeln. Ich war ein wenig Stolz auf meine Arbeit.
Ich konnte leider den Auszug meiner Squaw nicht verhindern. Ich weiß nicht genau was die hat, die hat mich einfach so verlassen… quasi wegen nix…
Versteh einer die Frauen.
Macht aber nix… ich hab ja noch ein paar Kumpels vom Airportchapter.
Mit denen hab ich dann noch ne schöne Neujahrstour gemacht.
Eigentlich wollte ich ja nicht – schließlich hab ich fast 2 Wochen rund um die Uhr geputzt und poliert, und ich hatte ja noch einen ziemlich dicken Kopf von der Sylvesterparty. Um es etwas zu konkretisieren, ich war noch ziemlich voll – stehen ging zwar wieder, aber gerade gehen war an dem Tag nicht meine Stärke.
Aber die Jungs ließen nicht locker… die standen einfach vor meiner Haustür.
Ja, ich weiß… ich hätte die nicht reinlassen dürfen… aber ich bin ja froh, dass es die noch gibt und ich nicht ganz allein sein muss – und ich hab gedacht, Mausi hat Sehnsucht und kommt zurück.
Ok, das Drama nahm also seinen Lauf…
Den Jungs ging´s auch nicht besser als mir. Einer hatte den Tip: am besten damit den Tag beginnen, womit man aufgehört hat… zum Glück hatte ich noch ne Flasche Obstler im Haus…
Ich sach euch, der wärmt schön von innen und ist genau richtig für kalte Wintertage.
Mein Moped ist auch direkt angesprungen, was ja kein Wunder ist, denn schließlich stand die ja im Wohnzimmer neben dem Kamin. Während ich mich in meine Motorradkluft geschmissen habe, haben die Jungs im Obstlerwahn meine Harley mit nem schönen Burnout aus dem Wohnzimmer auf die Terrasse gefahren. Das hat ganz schön genebelt.
Und ich kann sagen: die Feuermelder funktionieren noch.
Die Frage, die mich momentan beschäftigt: wie bekommt man den Reifenabrieb aus dem italienischen Steinzeug? Den Tip brauch ich nach Möglichkeit, bevor meine Holde Sehnsucht bekommt.
Aber nun zur Tour…
Ach neee… erstmal noch nen Tip von mir: Glaub keinem Kumpel, der ne Softail als Ratbike fährt, dass die Strassen alle trocken sind…
Wir sind dann alle, innerlich aufgeheizt durch den Obstler, mal ne Runde durchs Oberbergische gefahren… eher ne Gerade… irgendwie haben so Softail-Piloten nen Hang zur Autobahn. Ich weiß jetzt nicht woran es liegt – am Fahrwerk oder am Navi-System.
Also erstmal Autobahn… geradeaus… und immer schön so schnell, dass einem ohne Scheibe der Wind dermassen unter den Helm pfeifft, dass der Kinnriemen zu Atemnot führt. Macht aber nix, Hand auf den Helm und einfach die Schüssel festhalten. Hat zudem den Vorteil, dass einem die Hand nicht gänzlich abfriert. Klar, der Rest der Gang hat ja Heizgriffe und womöglich noch ne Sitzheizung montiert… da kann man natürlich mit ner kargen V-Rod nicht mithalten.
Ich sach euch… es war lausig kalt… vor allem, wenn der eiskalte Wind stetig dafür sorgt, dass einem langsam aber stetig ein Eiszapfen an der Nasenspitze wächst. Passt gut zu den eisigen Knien, über denen sich langsam ein Eispanzer legt. Ohne den Obstler in der Blutbahn hätte sicherlich Probleme mit der Blutversorgung gegeben. Der Mediziner spricht sicherlich von Thrombose durch Gefrierbrand...
Das der rechte Fuß langsam am Bremspedal festfriert, weil die Löcher in den Socken und im Cowboystiefel, ungünstig im Fahrtwind stehen, brauch ich wohl den Winterfahrern unter euch nicht zu erklären... für die Unwissenden und Saisonkennzeichen-Fahrer unter uns: das hat nix mit dem Obstler, denn mehr mit Schweißfüssen zu tun. Ihr kennt doch die Nummer mit der festgefrorenen Zunge am Laternenpfahl?
So eine Wintertour mit den Kumpels ist ja wirlich ne feine Sache. Vor allem, wenn es endlich von der Autobahn runter geht…nach der Devise: immer dem Roadcaptain nach… eindeutig zu erkennen an seiner Lammfellkutte mit HOG-Roadcaptain-Patch und dem dampfenden Hintern.
Da kommen wir direkt zu Tip Nr. 2: Es gibt Ausnahmen, wann dem Roadcaptain nicht zu folgen ist! Nämlich dann, wenn sich in der Autobahnausfahrt Eis gebildet hat und der Captain an seinen Ratschlag selber glaubt: weiß ist nicht gleich Eis oder Schnee… neee, dat is meistens Salz…
Na gut, Mr. Superschlau im Lammfelldress fuhr also schön gerade aus und verschwand im Unterholz – nicht ohne vorher die blaue Tafel niederzubügeln. Was ja auch kein Kunststück ist… 350kg Motorrad und 180kg Fahrergewicht hauen nach newtonschen Gesetz alles um. Leider sind die auch ziemlich standhaft, wenn man mit ner V-Rod und deutlich geringerem Gewicht hinterher folgt. Das hat dann der mir nachfolgende Fred mit der Anellise erledigt. Ich komme zu folgendem Ergebnis: 350kg Motorrad mit 180kg Hellmut, zzgl. darin geparkter 280kg V-Rod und auf dem Hellmut liegendem 80kg Bruchpilot, sind nix gegen 350kg Motorrad und 188kg Fred und 125kg Annelise.
Nachdem ich mich aus dem Knäul befreit hatte, war mein erster Gedanke: erste Hilfe!!! An den Hellmut hab ich mich nicht ran getraut, von wegen elektrischem Schlag und so. Der war ja Heizdrahtmäßig total verkabelt. Überall guckten da Kabel raus und waren mit seiner E-Glide verstöpselt… Handschuhe, Stiefel, Thermoanzug, Helm… Hellmut sah aus, wie ein Astronaut beim Ausseneinsatz vom Spacelab. Der Fred sah aus, wie sein russischer Kollege von der MIR… die Annelise war zwar kabellos, aber leider auch nicht gerade so der Feger, den man unbedingt erretten und für die Nachwelt erhalten muss.
Also bin ich mal Richtung Strasse gerobbt und hab mal geguckt, wer da noch alles dem Cheffe folgt. Ich mach es kurz: Bis auf meinen besten Kumpel Hartmut haben alle die Tour dort im Strassengraben beendet.
An dieser Stelle möchte ich mich mal beim ADAC bedanken. Die haben alle Mopeds bergen können. Bedanken muss ich mich natürlich auch an die Chirurgie im Unfallkrankenhaus – toller Gips !!! Und an die Krankenschwestern für die tollen Sprüche auf meinem Gips… von wegen: don´t drink and fly
Aber eins find ich jetzt wirklich zum Kotzen…
Ihr fragt euch sicherlich was?
Ich kann wieder von vorne anfangen, mein Moped zu polieren… und das nur mit der linken Hand.