zum zitierten Beitrag
Zitat von enrico
Wo kommt denn dann eigentlich die Meinung her, daß man seinen Fahrzeugbrief nicht aus den Händen geben sollte oder NIE im Auto liegen lassen sollte?
"Wer den Brief hat, ist der Besitzer des Fahrzeuges!" waren sich damals alle einig.
War das früher anders, hat sich da etwas rechtlich verändert oder war das damals schon Halbwissen auf Stammtisch-Niveau?
War der "gute Tip" mehr auf die Gefahr bezogen, daß sich jemand z.B. aus Ostblockländern(in seinem Land) damit als Besitzer sehen darf?
Bisher war ich auch der Meinung, daß ich mit unterschriebenem Kaufvertrag und den Papieren rechtlich als Besitzer gelte und das Fahrzeug auf mich zulassen kann. Dann sollte es doch möglich sein den gekauften und auf meinen Namen zugelassenen Artikel auch körperlich einzufordern, oder nicht?
Zumindest kann ich dann dem Insolvenzverwalter die Rausgabe der Papiere verweigern. Ob das was bringt, steht auf einem anderen Blatt- evtl. wird der Brief dann entwertet oder sonst eine miese Tour geritten.... muß aber zugeben, daß meine Kenntnisse in rechtlichen Dingen eher bescheiden sind.
Kurz gesagt: Der Eigentümer des Fahrzeugs ist der Eigentümer des Fahrzeugs. Egal, wer im Brief steht.
Wie werde ich Eigentümer?
Indem mir der Voreigentümer das Fahrzeug übereignet. Das geschieht durch Einigung (beide sind sich einig, dass ich Eigentümer werden soll) und durch Übergabe (ich kriege das Fahrzeug und die Schlüssel). Deswegen bin ich ab diesem Zeitpunkt bereits Eigentümer, auch wenn ich noch nicht im Brief stehe.
Wie beweise ich, dass ich Eigentümer bin, obwohl ich gar nicht im Fahrzeugbrief stehe?
Einmal gibt es die Vermutung, dass der Besitzer auch der Eigentümer ist. Besitz und Eigentum sind nicht zu verwechseln. Besitz ist die tatsächliche Sachherrschaft (wer hat das Fahrzeug und die Schlüssel?) und Eigentum ist "Wem gehört die Sache?". Beim Mietwagen ist Sixt der Eigentümer und ich während der Mietzeit der Besitzer. Also ist es nur eine Vermutung, dass der Besitzer der Eigentümer ist. Sixt wird diese Vermutung leicht widerlegen können. Ein weiteres Indiz ist der Kaufvertrag. Zwar werde ich als Käufer nicht automatisch Eigentümer. Aber der Verkäufer schuldet die Übereignung des Fahrzeugs. Deswegen ist der Kaufvertrag ein starkes Indiz, dass ich als Käufer auch Eigentümer geworden bin. Es sei denn, es steht fest, dass ich die Sache nie erhalten habe. Dann schuldet der Verkäufer weiterhin die Übereignung. Das sind z.B. die Fälle der Fahrzeugbestellung beim Freundlichen. Mit Kaufvertragsabschluss habe ich noch kein Eigentum erworben. Erst, wenn er mir die Sache übereignet. Nach außen sichtbar durch Übergabe des Fahrzeugs und der Schlüssel. Zahle ich den Kaufpreis im Voraus und wird der Freundliche insolvent, dann schuldet er weiterhin die Übereignung, die er aber nicht mehr erfüllen wird. Das Geld ist weg bzw. nach meinem Rücktritt vom Vertrag kann ich die Rückzahlung zur Insolvenztabelle anmelden. Quote: Meistens im einstelligen Prozentbereich, falls es überhaupt was gibt.
Was hat es mit dem Fahrzeugbrief auf sich, den man nicht im Auto lassen sollte oder der bei einer Finanzierung bei der finanzierenden Bank bleibt?
Das deutsche Recht kennt den sogenannten gutgläubigen Erwerb. Dabei kann ich auch als Erwerber gutgläubig vom Nichteigentümer Eigentum erwerben. Wenn ich ihn für den Eigentümer halte (weil er mit Fahrzeug und Schlüsseln etc vor mir steht - wir erinnern uns: der Besitz lässt die Vermutung des Eigentums zu). Die Praxis schließt diese Gutgläubigkeit aus, wenn kein Brief vorhanden ist oder ein andere als der vermeintliche Eigentümer, der vor mir steht, im Brief steht. Dann kann ich nicht gutgläubig vom "Falschen" erwerben. Das ist der Grund. Außerdem ist es in der Praxis schlicht schwerer, ein Fahrzeug ohne Papiere zu verkaufen. Der neue Eigentümer will das Fahrzeug schließlich anmelden. Deswegen ist der Brief eine gewisse Sicherheit z.B. für die finanzierende Bank.
Zusammengefasst: Wenn ich ein Fahrzeug kaufe und es übereignet bekomme, dann bin ich auch Eigentümer, wenn ich es auf meine Frau anmelde. Ich habe ihr das Fahrzeug dadurch nicht etwa geschenkt.
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"Wer weiß, wie Gesetze und Würste zu Stande kommen, kann nachts nicht mehr ruhig schlafen." (Otto von Bismarck)