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motorcycle boy ist offline motorcycle boy · 1623 Posts seit 01.09.2018
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Neuer Beitrag 25.01.2019 12:35
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Seit Euro 4, die immer gegenseitig von  der entsprechenden kalifornischen Norm abgeschrieben wird (einmal ist der eine Vorbild, einmal der andere im gegenseitigen Überbietungswettbewerb) , ist es ziemlich einsam geworden um die großen luft(öl)gekühlten Cruiser-OHV-V2 von Harley und Indian. Eine Liga darunter, auf der Ebene der Sporty, bietet Italien noch den neuentwickelten Moto-Guzzi-V2 in der neuen Enduro und Ducati den klassischen Pantah-Motor in der Scrambler-Baureihe. Das war´s auch schon auf dem heutigen Weltmarkt.

Ich dachte, da bietet es sich an, die verschiedenen Konzepte einmal miteinander zu vergleichen, auch mit den verblichenen Yamaha-Wildstar- und  Kawaski-VN2000 - Motoren. Einen grundlegenden Einfluß auf das Layout, wiehier schon öfters gesagt, hat die Ebene der Gehäuseteilung.

Foto1: Die Japaner kann ich allesamt mit einem einzigen Bild abhandeln (hier am Beispiel der seligen Honda CB750K): Ausnahmslos ALLE japanischen Motoren haben eine waagrechte Teilungsebene. Das ist einer der Gründe, warum japanische Motoren einen erheblichen Produktionskostenvorteil gegenüber dem Rest der Welt haben:  Ich kann einfach alle Bauteile in die obere Hälfte einlegen und die untere Hälfte wie einen Deckel drauflegen und fest (und wieder ab)schrauben, selbst wenn ich, wie hier die CB750, noch einen klassisch - angelsächsischen Kettenprimär habe. So, und das ist mir an diesem Thema hier  das Wichtigste (!!!) - sind auch die Yamaha Wild-Star, und Kawasaki Vulcan-Motoren aufgebaut, was gegenüber Harley und Indian und Ducati  enorme Produktionskosten spart.

Foto 2: Wie wir vorne im Thread auf Seite 2 gesehen haben, hat der Rest der V2-Welt eine senkrechte Teilungsebene, was bedeuted, dass ich die senkrechten Hälften nur mühsamst mit einem Abzieher auseinanderkriege (sorry, ein besseres Foto ist mir damals in der Hektik nicht geglückt) , und auch die Montage der Bauteile und das Zusammenfügen der Hälften (z.B. in der Produktion) , wie wir vorne im Thread gesehen haben, ungleich aufwendiger und komplizierter ist als bei den waagrechten Gehäusehälften  eines Japaners. Wir haben selbst schon erlebt, wie junge Schrauber, die von Japanern kamen, bei ersten Betreten der Werkstatt mit schreckgeweiteten Augen die Unzahl an Abziehern an den Wänden aufgehängt registrierten, die an eine mittelalterliche Folterkammer gemahnten, wie sie die sonst nur mal in der Berufsschule zum Gruseln gezeigt bekommen hatten, aber höchsten ausnahmsweise in einer Japanerwerkstatt erblickt hatten.

Foto 3: Auch Ducati ist, wie oben schon gesagt,  der klassisch senkrechten V2-Gehäuseteilung treu geblieben, vom KöWe- über den Pantah- bis zu den wassergekühlten V2, aber aus Gewichts-, Volumen- und Produktionskostengründen natürlich mit integriertem Getriebe nach der deutschen Schule.

Foto 4: BMW´s Boxer  möchte ich noch miteinbeziehen. BMW hat ab dem 4-Ventilboxer die senkrechte Gehäuseteilung von Porsche übernommen, ...

Foto 5: ... die dieser zuerst im Käfer verwirklicht hatte.

Foto 6: Vorher hat BMW einzigartig wirklich alles Denkbare durchprobiert: Von 1936 (R5) bis 1996 (Basic) das einteilige Motorgehäuse ohne jegliche Trennfuge, und ...

Foto 7: ... beim ersten BMW-Motorrad R32 bis 1935 die waagrechte Gehäuseteilung, womit sich der Kreis zu den Japanern in Foto 1 schließt: Jetzt wissen wir, wo die Japaner (und alle, die das so machen) die produktionskostengünstigste waagrechte Gehäuseteilung ursprünglich abgekupfert haben cool Augen rollen
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Dieser Beitrag wurde schon 5 mal editiert, zum letzten mal von motorcycle boy am 25.01.2019 14:28.

motorcycle boy ist offline motorcycle boy · 1623 Posts seit 01.09.2018
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Neuer Beitrag 25.01.2019 13:57
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Schon näher an der Gegenwart liegt der Vergleich der Kurbelwellen  unserer V2-Cruiser-Motoren. Nur Harley hält ja noch eisern am klassisch angelsächsischen Prinzip von (vorderem) Messer- im (hinteren) Gabelpleuel fest. Bei ALLEN anderen V2-Motoren dieser Welt (ja, auch dem Indian Thunder Stroke)  sitzen zur drastischen Einsparung von Produktionskosten die Pleuelfüsse nebeneinander. Das Harley-Layout haben wir vorne ausführlich gesehen, brauche ich also nicht nochmal hochzuholen.  Der erste Konstrukteur , der die Anordnung der Pleuelfüsse nebeneinander vom Auto V8 auf den Motorrad-V2 übertragen hatte, war der Brite Vincent:

Foto 1: Vincent kaufte in den 30ern den in der Weltwirtschaftskrise  insolvent gegangenen Einzylinderproduzenten HRD wegen seines vielversprechenden OHV-Konzeptes mit hochgelegter Nockenwelle zur Verkürzung der Stößelstangen, die damit leichter, steifer und somit drehzahlfester wurden. Der Ventilwinkel wird wie bei Sternmotoren (da hatte HRD das wohl auch her) durch Winkelstellung der Stößel gegeneinander und nicht durch die Kipphebel erzeugt. Die haben eine gemeinsame vertikale Drehebene wie Kipphebel von Parallelventilmotoren. Weshalb Harley das nicht schon längst bei der Sporty so macht,wird mir immer ein Rätsel bleiben verwirrt  . Damit würde sie die brennraumbedingt notwendige Halbierung des Ventilwinkels von Ironhead auf Evo elegant mit der Optik des Ironhead verbinden können. Aber, wo kein Wille ist, findet sich wohl auch kein Weg Augen rollen

Foto 2: Vincent setzte zur Leistungssteigerung einen zweiten Zylinder hinter den ersten. Seine, wie oben gesagt, geniale Idee dabei war,  die Anordnung der Pleuelfüsse nebeneinander vom  damals gerade in Großserie aufkommenden Flathead V8  von Ford zu übernehmen (Foto ist von einer Vincent-Kurbelwelle, die anfangs trotzdem noch wie bislang aus mehreren Einzelteilen gebaut wurde, die Vorteile des Konzeptes also nur teilweise nutzte) !). Damit hatte er als zukünftiges Potential
- das kostenintensiv zu fertigende Gabelpleuel gespart
- die kostenintensiv zu montierenden Wälzlager an den Pleuelfüssen durch billige Gleitlager ersetzbar
- durch Wegfall der Wälzlager die zukünftige Möglichkeit für eine einteilige und damit billigst durch Gesenkschmieden "Wumms" + natürlich Zapfenschleifen zu fertigende  Kurbelwelle. Wir erinnern uns, wie kompliziert und exakt vorne im Thread die Harleykurbelwelle aus - früher 5 - , - heute 4 -  Teilen zusammengebaut werden muß
"Nachteile" sind:
- man braucht eine Hochdruckschmierung für die Gleitlager des gemeinsamen Hubzapfens
- durch den Zylinderversatz  entsteht eine Schwingung um die Hochachse des Motors, die eine Gummilagerung von vornherein ausschließt und zur Schwingungsreduktion nur Ausgleichswellen zuläßt 
Nachdem Vincent 1954 pleite ging, ruhte das Konzept, bis es 1967  von Moto Guzzi mit der V7 und 1972  von Fabio Taglioni  für seinen ersten Ducati V2 (die berühmte 750SS Rundmotor) wiederaufgegriffen wurde. Von da haben es die Japaner in den 80ern für alle ihre V2-Motoren und zuletzt auch KTM und Hyundai übernommen. Der letzte übriggebliebene Japan-V2 steckt m.W. in der Suzuki SV650 .

Fotos 3 + 4 zeigen - hier für die Vincent - dass der Pleuelfußversatz Auswirkungen auf das Gehäuselayout und ...

Foto 5: ... die Zylinderpositionierung haben muß. Die Zylinder sind in ihren Mittelachsen versetzt entsprechend den Pleuelfussversatz auf dem Gehäuse zu montieren. So ist das heute bei allen V2 außer dem Harley-V2: Produktionskosteneinsparung geht vor Schönheit. Harley hat (bisher) erkannt, dass die einzigartige Optik ihres V2 mit unerreicht schlankem Zylinderfuß unter wuchtigen Köpfen ein schlagendes Verkaufsargument für alle Motorrad-Connaisseurs gegenüber allen anderen, demgegenüber wegen des Zylinderversatzes klobig und verquollen aussehenden V2 ist. Die Fotos zeigen, dass nach Konfiszierung der DKW-Patente durch die Alliierten Vincent bereits 1946 (!!!) das Konzept des angegossenen Getriebes von Zschopau kopierte.

Foto 6: Durch den Pleuelfußversatz auf der Kurbelwelle der Kawasaki Vulcan 2000 ...

Foto 7: ... müssen auch ihre Zylinder entsprechend versetzt montiert werden.

Foto 8: Trotz der Harley-ähnlichen Optik ist das Getriebe nach deutscher Schule Japan-üblich angegossen.   Wer genau hinschaut, erkennt, daß der Kawa-Motor bei der Ventilsteuerung eine Twin-Cam-Raubkopie ist, denn er kam erst in den 2000ern raus (TC schon 99); 2 untenliegende Nockenwellen sind mit Zahnkette angetrieben, die Positionierung der Stößel ist faktisch gleich!

Foto 9: Bemerkenswerterweise haben ihm die Kawa-Ingenieure sogar eine angelsächsische Primärkette spendiert, ein Bruch mit allen japanischen Traditionen.

Foto 10: Raffinierterweise haben sie das Sekundärritzel auf den linken Wellenzapfen des Schaltgetriebes HINTER dem Primär angeordnet. Auf den ersten Blick sieht das für Unbedarfte aus wie ein angelsächsischer Triebstrang mit Primär- und Sekundärkette auf der linken Seite. Erst der Kundige erkennt den gravierenden Unterschied: Die Abtriebswelle als Trägerin des Sekundärritzels ist HINTER der Getriebehauptwelle (auf der auch bei Kawa der Kupplungskorb sitz) angeordnet und nicht, wie beim angelsächsischen Triebstrang (a´ la Harley) KONZENTRISCH UM die Getriebehauptwelle. Wer das nochmal sehen will, bitte vorne im Thread gucken.

 
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Dieser Beitrag wurde schon 10 mal editiert, zum letzten mal von motorcycle boy am 25.01.2019 15:46.

motorcycle boy ist offline motorcycle boy · 1623 Posts seit 01.09.2018
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Neuer Beitrag 25.01.2019 15:11
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Fehlt im Vergleich der luft(öl)gekühlten OHV-V2-Big Twins noch der Yamaha Wildstar Motor,wie er in einer getunten Form auch In der MT01 zu finden war.

Foto 1: Die Gesamtsicht auf den  Block schafft schon mal Überblick: Man erahnt einen Zylinderversatz und sieht auf der Steuerseite die Lagerbohrungen für 2 untenliegende Nockenwellen, also auch hier eine Kopie des Twin Cam. So schlecht kann der Twin Cam also gar nicht gewesen sein, wenn ihn Kawasaki und Yamaha so eifrig kopiert haben.

Foto 2: Im Unterschied zu Kawa setzt Yamaha auf den klassischen Standard-Japan-Zahnradprimär deutscher Schule.

Foto 3: Jetzt wird es interessant: Yamaha hat die Twin Cam - Steuerketten rausgeschmissen und setzt auf Antriebszahnräder der beiden Nockenwellen a´la Andrews. Merkwürdig, dass Yamaha damit die damaligen Geräuschvorschriften schaffte und Harley vorgab, wegen des "Heulens" von Zahnrädern  auf Steuerketten setzen zu müssen. Die Wahrheit ist natürlich in den Produktionskosten zu suchen. Für die Verwendung der Andrews-Nockenwellen muß man bekanntlich das Glück von  im Höchstmass fluchtenden Zapfen seiner Twin Cam-Kurbelwelle haben. "Glück" deswegen, weil Harley zur Ausschuß- bzw. Nachbesserungsreduzierung hier so grosse Toleranzen zuläßt, dass Zahnräder kaputtgehen würden, während ein Kettentrieb auch ziemlich grobe Fluchtfehler noch locker verdaut. Heißt für die  Wildstar - Kurbelwelle: Sie  mußte erheblich präziser  gefertigt werden als die Twin Cam - Kurbelwelle. Das entlarvt Harley´s damalige Geräuschargumentation als reine Schutzbehauptung.

Foto 4:  Hier der Zahnradtrieb von der vorderen zur hinteren Wildstar-Nockenwelle.

Foto 5: Und hier der Antrieb der vorderen Wildstar-Nockenwelle von derKurbelwelle: alles mit Zahnrädern. Die Führung des Triebstranges ist also exakt so wie beim Harley-Twin Cam, nur mit Zahnrädern statt Ketten!

 Foto 6: Von oben auf den Block erkennt man der Versatz der Zylindermittelachsen sehr gut, ...

Foto 7: ... bedingt durch den Pleuelfußversatz auf dem gemeinsamen Hubzapfen. erkennbar die geteilten Pleuelfüsse mit Lagerschalen, die gegenüber Harley eine billige einteilige Kurbelwelle ermöglichen. Irgendwo muss der Preisunterschied ja herkommen, seitdem wegen Lehman das Währungsdumping und wegen Fukushimna das Umweltdumping weggefallen sind.

Foto 8 zeigt, wie ich finde, eine gute Zusammenfassung, weshalb der Wildstar-Motor in der MT01 um soviel leistungsfähiger war als der TwinCam-Motor:
- Nicht zu sehen ist, zugegebenermassen, die 4-Ventiltechnik
- schön zu sehen, dass der Öltank (wie bei KTM) da ist, wo er hingehört: ganz vorne links am Motor, damit da Öl optimal durch nicht vom Motor aufgewärmten Fahrtwind gekühlt werden kann
- gut zu sehen ist die strömungsoptimierte = entdrosselte Ansaugluftführung, die im XR1200.Motor im Prinzip physikalisch bedingt genauso aussieht. Man sieht, dass, wie bei modernen Hochleistungs-4-Zylindern, da, wo früher der Tank war, ein Riesen-Luftfilterkasten zur Luftberuhigung (erhöht den Ansaugdruck) sitzen muß, der den Tank optisch nach hinten sich auftürmend zum Fahrer schiebt. Einen Big Twin, der so aussieght, will keiner kaufen. Nicht mal die XR1200 war ein Erfolg, weil sie wegen dieser Ansaugstutzen auch so einen "modern"-hässlichen Tank brauchte. Die Cruiser -V2 - Zielgruppe will ein optisch klassisches Motorrad, weswegen MT01 und XR1200 trotz ihrer hohen Leistungen ein Flop waren. Ob Harley mit seinen neuen Konzepten die "Hochleistungszielgruppe" erreicht, beurteile ich äußerst skeptisch:
- seit 2008 ist die Hochleistungs-Zielgruppe noch viel drastischer als die Cruiser-Zielgruppe  um mehr als die Hälfte auf dem Weltmarkt geschrumpft. Die wenigen übriggebliebenen Hardcoreraser wollen weiter Screamer (= 4-Zylinder), weswegen Ducati auf V4 umgeschwenkt ist.
- Junge Leute wollen billige möglichst luftgekühlte Maschinen, wie die Cafe-Racer und Scrambler.Scene zeigt

Wie sagte der BMW-Designer Edgar Heinrich so treffend: "Der Luxus des 21. Jahrhunderts ist die Mechanik", angesichts billiger Elektronik und billiger werdendem Elektroantrieb. M.E. hat Harley nur eine Überlebenschance in der Rolex-Ecke, wo hochwertige Mechanik um ihrer selbst willen gekauft wird, auch wenn jede billige Quartzuhr aus der Kaufhalle 10 mal genauer geht . Daher waren sie bisher gut beraten, bei ihrem archaisch-aufwendigen Messer-Gabelpleuel-Kurbeltrieb zu bleiben. Die Japaner mußten sich mangels  Premium-Image (z.B. bedingt durch den Pleuelfussversatz oder die angegossenen Getriebe oder die waagrechte Teilungebene)   aus dem Markt bereits zurückziehen. Der echte Mechanik-Freak legt auf genau sowas wert, genau wie auf das Tourbillon seiner Rolex oder Jaeger-le-Coultre.




 
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Dieser Beitrag wurde schon 4 mal editiert, zum letzten mal von motorcycle boy am 25.01.2019 15:57.

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Neuer Beitrag 24.02.2019 21:56
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Hallo Motorcycle boy,

vielen Dank für das tolle Bilder Feuerwerk das Du hier abbrennst. Ich bin total begeistert, was Du hier für Abbildungen, Fotos und Zeichnungen und auch an Erklärungen bringst. Vielen Dank dafür. Selbst für einen wie mich, der sich schon seit vielen Jahren mit Motoren und deren Design beschäftigt bringst Du immer wieder was Neues. Mach einfach weiter so.
Damit ich an der Stelle auch was zurückgeben kann möchte ich wieder auf ein, oder zwei Aspekte der vorherigen Beiträge eingehen.

Du hast geschrieben:

Die Japaner kann ich allesamt mit einem einzigen Bild abhandeln. Ausnahmslos ALLE japanischen Motoren haben eine waagerecht Teilungsebene.

Hier möchte etwas präzisieren, weil ja Japaner thematisiert wurden.
Richtig wäre: Alle japanischen Mehrzylinder haben eine waagerechte Teilungsebene, nicht aber die Einzylinder.

Angefangen bei den YAMAHA XT500 (seit '76) und XT600 (seit'83) bis zu den 800cm³ großen Suzuki DR BIG Motoren. Allesamt (bis auf die einzylindrige Honda XL500) vertikal geteilt. Und alle diese Motoren sind alle relativ einfach aufgebaut.

Bild 1
Mit beidseitig im Kurbelgehäuse eingepressten kugelgelagerten Kurbelwellen! (Keine Definition des Fest-Loslager Konstruktionsprinzips dafür in der Toleranzklasse C3). Die Kurbelwellen sind auch gebaut, Hubscheiben mit angegossenen, oder angeschmiedeten Hauptlagerzapfen und einem zylindrischen Hubzapfen, der ohne Verdrehsicherung in die Hubscheiben eingepresst ist.

Das Pleuel ist ungeteilt und läuft auf einem druckumlaufgeschmierten Zylinderrollenlager.
Die Gehäuse aus Aludruckguss mit eingegossenen Stützringen für die Hauptlager sind so genau, dass die Kurbelwellen ohne Ausgleischsscheiben austauschbar sind. Die Kurbelwellen sind durch den zylindrischen Hubzapfen auch auf ein bestimmtes sehr eng toleriertes Maß zusammenpressbar. (Im gegensatz zur HD KW die hier Distanzscheiben braucht.)

Bild 2 und Bild 3
Auch weil einige Beiträge vorher das Thema Trockensumpfschmierung aufgekommen ist möchte ich das nochmals aufgreifen. Die YAMAHA XT 500, 550 und 600 habe eine Trockensumpfscmierung. Bei der 500 und der 550er ist der Rahmen der Öltank. Die 600er hat einen Öltank am Heck.

Hier hätte sich HD eine gut funktionierende Trockensumpfschmierung abschauen können. Vielleicht hätten sie dann weniger Probleme mit den aktuellen Modellen ohne Breathervalve. YAMAHA entlüftet das enge Kurbelgehäuse m.E. sehr clever durch die hohlgebohrte Ausgleichswelle, die alles Öl durch Fliehkraft abscheidet. Auch das Förderverhältnis der beiden Ölpumpen liegt bei ca 1:2 der Druck- und Absaugpumpe weit auseinander. Und das garantiert ein ölarmes Gehäuse und trägt dazu bei dass die KW das Öl nicht aufschäumen kann. Zudem hat die KW im Gehäuse einen eigenen Raum der nicht mit Öl vollaufen kann. Beachte die Kontur um die KW im 2.Bild.
Bei Bedarf kann ich noch Bilder machen.

Noch eine Kleinigkeit am Rande, auch die YAMAHA XS750 und die Kawasaki Z400 und 440 haben auch noch wie die 750er Honda Primärketten.

Ende Exkus japanischer Motorenkunde

Demnächst noch ein Wenig zu englischen Motoren.

Grüße
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Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von Inch am 24.02.2019 22:59.

motorcycle boy ist offline motorcycle boy · 1623 Posts seit 01.09.2018
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Neuer Beitrag 25.02.2019 10:55
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Ein herzliches Dankeschön für die wertvollen Ergänzungen smile Finde ich sehr interessant, wieder was gelernt.

Bei der komplexen Materie überblickt man als Einzelner nie alle Aspekte, das kann nur eine Schwarmintelligenz wie das Forum.

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Neuer Beitrag 25.02.2019 23:34
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Kleine Ergänzung zu den Ausführungen von Inch:
die späteren Xt600 (ab Baujahr 1990) hatten den Öltank wieder im Rahmen, oberhalb des Motors, integriert.  Da konnte es auch passieren, das sich das Öl aus dem Öltank in den Motor verdrückte bei längerer Standzeit. Die Rückförderung des Öls aus dem Motor in den Tank ist aber so dimensioniert das dann nichts in die freie Natur gepustet wird und man es eigentlich nur merkt, wenn man nach längerer Standzeit den Ölstand kontrollieren will und der Messstab dann trocken ist. Deswegen der Tip in den XT-Foren zur Olstandskontrolle bei diesen Modellreihen: Motor warm fahren, ausmachen und dann Ölstand messen.

gruss roobo

Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von roobo am 25.02.2019 23:46.

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Neuer Beitrag 26.02.2019 00:24
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Die "Krankheit" hat die eine oder andere Sporty ab Bj 2004 auch. Ist aber kein Problem, denn die Absaugpumpe zieht das sehr schnell aus dem Kurbelwellengehäuse. Ich sehe sogar einen Vorteil darin, wenn die Pleuelfüsse samt Lagern nach einer längeren Standzeit gleich bei der ersten Umdrehung durch ein Öltauchbad gezogen werden.

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Neuer Beitrag 05.03.2019 23:05
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Jetzt möchte ich noch ein paar Bilder von 2 alten Motoren einstellen. Diese habe ich in den späten 90er Jahren für kleinstes Geld am Sonntag Nachmittag mal bei der Vetrama in Ulm mitgenommen. Sie verhinderten durch ihr Gewicht, an Seilen angebunden, dass die Plane vom Zelt des Verkäufers durch den Wind mitgenommen wurde. Dermassen unterfordert und zweckentfremet erlöste ich die Motoren, um sie in der Garage als Deko zu verwenden. Nicht jedoch ohne wildes Feilschen um den richtigen Preis. Natürlich musste zuvor auch der Zustand so gut es geht festgestellt werden. Leider sind die Motoren nicht mehr vollständig. Auch die Hersteller sind mir nicht bekannt, wobei ich da auch nicht wirklich versucht habe Licht in dieses Dunkel zu bekommen.

Die Bilder 1 bis 5 zeigen diesen schönen Motor.
Also dieser Motor sieht aus wie ein JAP. Er hat 2 untenliegende NW und der Ventiltrieb ist so ungefähr wie bei den HD Motoren ausgeführt. Das Ventilspiel wird aber "oben" eingestellt. Die Einlassnockenwelle treibt über das noch vorhandene Kettenrad den Zünder an. An dem unteren Ende der Auslassstossstange war ein Bowdenzug eingehängt, der Ventilausheber zur Dekompression betätigt. Das erleichtert das Anlassen des Motors, ist aber bei HD meines Wissens nach nie verbaut worden. Leider ist der Motor sehr unvollständig. Kolben, Ventile und leider auch die Kipphebel fehlen. Trockensumpfschmierung, Limaantrieb unbekannt, vielleicht auch über die Kette, ca. 350cm³ sehr langhubig ausgelegt genaue Daten müsste ich wieder ermitteln ich hab's einfach vergessen.

Bilder 6 bis 10
Der zweite Motor ist aber vom der Konstruktion des Zylinderkopfes her viel interessanter, weil viel einfacher. Auch als OHV - Motor ausgeführt hat er ungekröpfte Kipphebel. Deren Lagerung ist fliegend. Also einfacher geht es nicht und mir gefällt das Prinzip gut. Erstaunlich dass es nicht öfters bei Motorrädern angewendet wurde. Wahrscheinlich liegt es daran, dass der Winkel der Ventile zueinander, zumindest wenn man die Kipphebellager so ausführen will, nicht so groß sein kann. Hat der erste Motor, so wie die alten HDs, ungefähr 90° so sind die Ventile dieses Motors in viel kleinerem Winkel zuenander angeordnet. Ich schätze dass das gerade mal 40-50° sein werden. Die Ventildurchmesser können aber jetzt nicht mehr so groß sein, das kann Leistung kosten. Der Hersteller ist auch hier unbekannt. Trockensumpfschmierung, Batterizündung Lichtmaschine über Zahnräder, ca 250 cm³ leicht langhubige Auslegung auch hier habe ich die Daten nicht mehr parat.


Roobo, das was du über die XT schreibst kann ich bestätigen. Aber auch die älteren XTs, mit dem Öltank hinten und demzufolge auch mit langen Leitungen, haben manchmal das Problem mit dem absinkenden Ölstand. Dumm ist nur, dass der Ölkreislauf bei kaltem Motor dann immer wieder unterbrochen wird, weil die Rückförderung und das erneute Ansaugen durch die langen Leitungen nicht gerade erleichtert wird. Daher ist es immer gut den Ölstand bei den XTs oben zu halten.

Grüße
 
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Neuer Beitrag 06.03.2019 09:35
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Motor 1 müsste man mal von der Steuerseite sehen: zeigt in der Tat Ähnlichkeiten mit dem JAP-Baumuster.

Die parallel- geneigte  Kipphebelkonfiguration von Motor 2 (nicht die fliegende Lagerung) wurde von Sternmotoren übernommen und findet sich so  auch in den Vincent-Motoren. Danke für das Foto, damit wird klarer, was ich mit dieser Konfiguration gemeint habe. M.E. hätte mit dieser Konfiguration Harley die engeren Ventilwinkel des Sportster-Evo-Motors mit der  Original- Optik der Ironheads verbinden können, das war aber vom Marketing her wohl nicht gewollt. 

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Neuer Beitrag 06.03.2019 18:54
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Hallo, Motor 2 ist ein BSA C11, 250ccm. Motor 1 vermutlich Matchless, mit abgebrochenem Steuergehäuse.

Gruß Matthias

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https://www.youtube.com/watch?v=IjD1H9FQXd8













 

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Neuer Beitrag 06.03.2019 19:38
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Hallo Matthias,

vielen Dank für die Info. Es stimmt beides. Ich habe auch noch ein wenig gesucht

Motor 1 gehört hierher.

Jetzt ist das auch geklärt.

Grüße

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Hallo Inch, NSU hat auch schöne Sachen gebaut.

Gruß Matthias
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883 ohne VOES, ohne Beschleunigerpumpe smile

https://www.youtube.com/watch?v=IjD1H9FQXd8













 

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Neuer Beitrag 06.03.2019 21:16
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Oh ja das stimmt, und NSU hat nicht nur OHV sondern auch OHC beherrscht.Ich mag ja am OSL, dass er wie ein Köwe-Motor ausschaut, aber OHV ist.
Ich habe bis vor einem Jahr nahe bei NSU gewohnt und daher öfters auch in das Zweiradmuseum reingeschaut. War immer ein Besuch wert.
Hast ja auch sonst schöne OHV Motorräder, wie ich gerade sehe.

motorcycle boy ist offline motorcycle boy · 1623 Posts seit 01.09.2018
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Neuer Beitrag 15.03.2019 16:10
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Heute möchte ich mich mit der Wechselwirkung zwischen Stößelführung  und Gehäuseguß beschäftigen. Im übrigen Forum sind es ja diese Wechselwirkungen, die den Laien so schwer  eingängig zu sein scheinen. Hinzu kommen noch persönliche Befindlichkeiten "ich will hier nicht als Depp dastehen, der Scheixx gekauft hat". Das wird dann als "Beschimpfung der Marke" verschleiert. Hier in dieser Ecke sind wir Techniker (hoffe ich doch) unter uns Zunge raus  und können die technischen Entscheidungen von Harley und deren (teils ungewollte) Auswirkungen diskutieren und den verschleiernden Marketing-Sprechblasen gegenüberstellen cool  , ohne dass sich einer persönlich auf den Schlips großes Grinsen  getreten fühlt.

Meine Theorie: Mit dem Wechsel vom Evo zum Twin Cam wollte Harley endlich wenigstens einen Teil der hohen Produktionskosten des archaischen Knucklehead-Konzeptes loswerden und in einigen produktionskostenrelevanten Konstruktionsdetails endlich die Rationalisierungen der Konkurrenz übernehmen, die den Japaner schon seit den 60ern zu enormen Produktionskostenvorteilen und auch damit möglichen Kampfpreisen verhalfen. Den Entfall des Breathervalves ab TC, der mit zunehmender Hubraumerhöhung bis zur M8 mit 117 cui die Gefahr des Öltransfers und des Sumping erhöht, habe ich schon in den entsprechenden Freds thematisiert. Eine saubere technische Diskussion wurde durch emotionale Befindlichkeiten der Käufer leider unmöglich.

Hier möchte ich nun die These diskutieren, dass der Auslöser für die Verdopplung der Nockenwellen beim TC die Reduktion der Produktionskosten durch Weglassung der separaten Lifterblöcke (Stösselführungen) war. Diese hatten bis zum Evo hin eine enorm große Reparaturfreundlichkeit durch Austauschbarkeit bei Verschleiß oder Beschädigung ermöglicht, was die jahrzehntelange Inbetriebhaltung von Harley-Motoren gegenüber der Konkurrenz und damit ihre Beliebtheit bei Customizern und in der zweiten Welt (Kuba, Südamerika) erklärt.

Foto 1: Ich hatte nie Gelegenheit, an J-Motoren zu schrauben, man erahnt aber, dass hier Stößelführungen mit Sechskanten an ihrem Bund in das bröselige Sandgussgehäuse geschraubt sind. Bis zu den 60ern war Sandguß das einzige Gußverfahren. Hier wird die Modellgussform aus Holz ("Modelltischler") oder Metall erzeugt und nasser Sand drumherumgeformt (heute ist das natürlich eine Spezialflüssigkeit in Quarzsand). Wie beim Sandburgenbau am Strand härtet der durch Erhitzung so stark aus, dass man die Modellgussform entnehmen und flüssiges Metall reingiessen kann. Je komlizierter die Modellgussform, desto schwieriger wird es, die ausreichende Festigkeit des zu fertigenden Gußgehäuses sicherzustellen, da das flüssige Metall ja nur durch die Schwerkraft in die "letzte Ritze"  des Hohlraums, den die Modellgussform im Sand gebildet hat, läuft und ausserdem durch "Steiger"-Röhrchen auch noch die Luft vor sich her aus der Form schieben muß.  Daher haben klassische Sandgußgehäuse an allen Stellen, wo bewegte Teile mit Kraft reiben, Gußeisen- oder Stahleinsätze eingeschraubt oder eingepresst, wie hier die Lifterblöcke (Stösselführungen).

Foto 2: Hier bei einer  Seitenventil-"R" aus den frühen 30ern, noch durch Gusseisenzylinderdeckel gekennzeichnet, hat Bill Harley das bis zum Ende des Evo gültige Konstruktionsprinzip der Befestigung der Lifterblöcke über einen angegossenen Flansch mit zwei (!) Schrauben am Aluminiummotorgehäuse eingeführt (die allererste Sportyvorfahrin, die"D" von 1929, wird das wohl auch schon so gehabt haben).

Foto 3: Baut man diese Seitenventillifterblöcke, hier von einer "W", aus, sieht man die Rollen der Stössel, die bis zum Ende des Ironhead 1985 nicht mehr verändert wurden. Der angegossene Halterungsflansch für zwei (!!!) Schrauben  im obersten Drittel ist gut zu erkennen.

Foto 4: In der zeitgenössischen Automobilindustrie fertigte man die Motorblöcke komplett aus Gusseisen und konnte so auf eingeschraubte separate Lifterblöcke aus Gusseisen verzichten. Die Stösselführungen sind hier direkt in den Motorblock gebohrt. Da Gusseisen eine Eisenlegierung mit soviel Kohlenstoff ist, dass der nicht komplett in Lösung gehen kann, bildet der überschüssige Kohlenstoff im eisen Bänder , "Lamellen"-graphit genannt,  oder mit speziellen Legierungszusätzen "Kugel"-graphit. Wie jeder von der Bleistiftmine weiß, schmiert dieses Graphit ausserordentlich gut, sodass es sogar auf rauhem Papier gleitet. Daher werden Zylinderlaufbuchsen und Stößelführungen traditioneller Machart aus Gusseisen gefertigt. Einen schweren Gusseisenmotorblock kann man sich in einem zu geringem Gewicht verurteilten Fahrzeug wie dem Motorrad oder gar einem Flugzeug nicht erlauben, hier wurden schon immer Aluminiumgehäuse genommen, in die die kraftbeaufschlagten Gleitflächen dann kostenintensiv in solchen separaten Gusseisengehäusen eingebaut werden mussten.

Foto 5: Nachdem Bill Harley tot war, hatten seine Nachfolger schon die Produktionskosteneinsparung im Auge und reduzierten den Flansch der aus den Seitenventilern hervorgegangenen Shovelheadsporties auf eine (!!!)  Schraubverbindung. Flansche mit einer Schraube sind Murks, wie auch die zeitgenössischen Auspuffkrümmerflansche an den Zylinderköpfen der Big-Twin-Shovelheads zeigen. Wir sind im Zeitalter der Harley-Murks-Konstruktionen angekommen.

Foto 6 zeigt den Alumotorblock der Ironhead-Sporty mit ausgebauten ...

Foto7: ... Lifterblöcken.

Foto 8: Das gleiche Prinzip finden wir bei den Big-Twins von Knuckle bis Evo. Hier analog das Sandgussgehäuse eines Pan mit ausgebauten ...

Foto 9: ... Lifterblöcken, denen man hier die vier Flanschschrauben von Bill Harley zwangsläufig lassen mußte, weil durch die Schiefstellung der Stösselstangen infolge der einsamen Nockenwelle die Querkräfte der Stössel auf die Lifterblöcke für  eine oder zwei Schraube wohl zu gross geworden wären. Die Sporty-Lifterblöcke aus Foto 7 zeigen also mit ihrer einsamen, aber hinreichenden Flanschschraube  anschaulich die geringen Querkräfte der Stößel, da alle Sporty-Nocken in einer Reihe stehen.

Foto 10: Hier sieht man sehr gut die absolute Flucht der Sporty-Stößelstangen mit den Stößeln in beiden Ebenen. Daher reichte eine Flanschschraube an den 4 Lifterblöcken. Diese Flucht = Winkelfreiheit läßt die Stössel ohne Querkraft durch Ventilfedern in den Lifterblöcken gleiten, was neben Reduzierung von Verschleiß und Reibungsverlust auch die Durchbiegung der Stösselstangen bei hohen Drehzahlen reduziert und damit den Sporty-Ventiltrieb erheblich drehzahlfester macht. Nicht erzeugen kann die einsame Flanschschraube natürlich eine gleichmäßige Anpresskraft auf die Flachdichtung des Flansches zwischen Lifterblock und Alugehäuse, weshalb Ironheads hier immer ölen.

Und was natürlich auch klar ist: Ganz Null können die Querkräfte auf die Stößel nicht werden, denn durch die bogenförmige Bewegung des Kipphebelendes macht die Stösselstange eine leichte Schwenkbewegung, die sich in pulsierenden Querkräften von Stößel auf Lifterblock auswirkt. Bei der Sporty ist das aber auf das absolute Minimum reduziert.

 
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Foto 1: Beim Evo sieht man die schwarz lackierten Gusseisenlifterblöcke im Gehäuse der Nockenwellenkammer = der rechten Motorgehäusehälfte  stecken.

Fotos 2+10: Im Gegensatz dazu sind die Lifterblöcke beim TC mit in die rechten Motorgehäusehälfte aus Druckguss  eingegossen. Damit hat sich Harley die separate Fertigung und den präzisen Einbau der Lifterblöcke gespart. Präziser Einbau, damit die Rollen der Stößel nicht schräg und damit verschleißintensiv auf ihrer Nocke abrollen. Der Druckguss wurde in den 60ern in USA erfunden und sogleich von den Japanern zur kostengünstigen Produktion von Motorgehäusehälften und anderen Motorgussteilen eingesetzt. Hier wird die gewünschte Gussform sehr aufwendig negativ jeweils hälftig in zwei  Metallkokillen aus Gusseisen oder Warmarbeitsstahl gefräst, das Verfahren lohnt sich also nur bei hohen Stückzahlen. Dann allerdings presst ein Kolben das flüssige Aluminium im Minutentakt unter Druck in die fest zusammengepressten Metallkokillen. Sobald das Aluminium ausreichend fest geworden ist, werden die Kokillen auseinandergefahren und ein Auszieher oder Auswerfer holt das heiße Gussteil aus den Kokillen. Man kann sich vorstellen, dass dieses Verfahren vollautomatisierbar ist und pro Gussteil einen Bruchteil der Zeit eines Sandgusses verschlingt. Außerdem ist das unter Druck in "die letzte Ritze" gepresste Aluminium deutlich fester als ein bröseliges Sandgussteil. Daher läßt Honda seit den 60ern seine obenliegenden Nockenwellen ohne Lagerschalen direkt in den druckgegossenen und an den Zylinderköpfen angegossenen Lagerböcken laufen. Wenn man hier einen Lagerschaden hat, kann man gleich den ganzen Zylinderkopf wegwerfen, bei Vierzylindern eine teure Angelegenheit. So erklären sich zum Teil die traditionell niedrigen Gebrauchtpreise der Japaner und die Bevorzugung der Instandsetzung alter Harleys in der zweiten Welt. Mit dem TC hat Harley nun den erhebliche Produktionskosten sparenden Schritt in Richtung moderner nichtinstandsetzbarer Motorgussteile gemacht.  Natürlich hält das bei Druckguss "ewig", aber wenn die 100000 Meilen geplanter Laufzeit rum sind, kann man die rechte Motorgehäusehälfte nur noch einschmelzen. So wie heute alte Harleys aus den 40ern und später wird man in 50 Jahren den TC und M8 nicht rumfahren sehen, weil die Investition in eine ganze neue Gehäusehälfte samt Aus- und Einbau sich schlicht nicht lohnen wird.

Foto 3: Daher sind die aufgeschraubten "Lifterblöcke" des TC nur noch simple Stösselstangenhüllrohraufnahmen. In manchen Texten wird auch "Tüllrohr" statt "Hüllrohr" verwendet, ich bleibe beim "Hüllrohr", weil es die Stösselstange um"hüllt". Einen Zusammenhang mit "Tüll" kann ich hier nirgendwo ausmachen.

Foto 4: Die Stössel laufen also direkt im Druckguss der rechten Motorgehäusehälfte, beim TC...

Foto 5: ... wie auch beim M8.

Foto 6: Oben haben wir über die Notwendigkeit des präzisen Einbaus der Lifterblöcke in Vor-TC-Motoren gesprochen, damit die Rollen der Stößel gerade auf dem Nocken ablaufen. Dazu gehört auch eine Maßnahme, die verhindert, dass der Stößel sich mit der Rolle um seine Hochachse dreht. Hier erkennen wir, dass Bill Harley das mit Rollen mit grösserem Durchmesser als ihre Stössel gelöst hat, die so links und rechts überstehend in Führungsschlitzen des Lifterblocks bei ihrem Auf und ab gerade gehalten  werden. Genial, denn damit wurde ein separater Führungsmechanismus gespart.

Foto 7: Bei den Evo-Sporties wurden die Lifterblöcke bereits ab 1991 eingegossen. Da funktioniert dieses Führungsprinzip mit den Rollen natürlich nicht mehr und ich brauche nun den separaten Führungsmechanismus .

Foto 8: Dieser wurde seitlich in die eingegossenen Lifterblöcke eingeschraubt. Ein Foto der ausgebauten Lösung davon war leider nicht aufzutreiben. Vielleicht kann ja einer der Mitleser eins einstellen.

Foto 9: Die Stössel, nun auch bei der Sporty Hydros, wurden im Durchmesser grösser, die Rolle in den Stössel integriert.

Interessant ist, dass die neue Technologie der integrierten Druckguss-Lifterblöcke bei der Sporty schon 1991 eingeführt wurde, beim Big Twin erst mit dem TC ab 99. Insofern ist die Aussage, der heutige Sporty-Motor sei ein Evo-Motor, eigentlich falsch. Eigentlich war nur der "Early-Evo"-Sporty-Motor von 86 bis 90 , der wie der Big-Twin-Evo noch in den vom "Late-Ironhead" übernommenen Viergang-Motorblock eingeschraubte Lifterblöcke hatte , ein echter Evo. Ab 91 hatte die Sporty mit den eingegossenen Lifterblöcken bereits eine charakteristische TC-Eigenschaft.

Warum wurde das zuerst bei der Sporty gemacht? Nun, aufgrund der konstruktiv sehr geringen Stösselseitenkräfte war hier das Risiko des Austausches von   rechten Motorgehäusehälften viel geringer als beim Big Twin. Und bei der geringen Marge der Sporty war hier diese Produktionskosteneinsparung viel dringender erforderlich.
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