zum zitierten Beitrag Zitat von motorcycle boy
Und schon kommt ganz unten die zweite Tabelle. Die Daten variieren gegenüber dieser Tabelle je nach Emissionsgrenzen des Ausliefergebietes, Auspuffkonfiguration und Öl- oder Wasserkühlung. An dieser Tabelle fällt uns auf, dass die Verdichtung von Evo über TC bis zu M8 immer weiter erhöht wurde. Hier
https://forum.milwaukee-vtwin.de/thread4476-langhuber.htm
habe ich ja im Detail die Zusammenhänge erläutert. Und damit habe ich den eleganten Übergang zu dem versprochenen Thema geschafft, was die M8-Konstruktion mit den verschärften und sich weiter verschärfenden Emissionsvorschriften für Abgas zu tun hat. Es ist, wie Euch nach diesem Vorspann wohl kaum überraschen wird, die Erhöhung der Verdichtung. Alles, was beim M8 gegenüber den klassischen Harley-Motoren verändert wurde, geschah primär, um die Erhöhung der Verdichtung möglich zu machen. Oben im Link könnt Ihr im Detail nachlesen, warum die Erhöhung der Verdichtung DIE Königsmassnahme (nicht die einzige) ist, um das Abgas sauberer zu kriegen: Die Erhöhung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Atome Reaktionspartner Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff sich auch wirklich treffen, um sich in chemischen Reaktionen zu verbinden. Lambda 1 reicht nämlich keineswegs aus: Wenn ich den Vergaser eines Flatties mit seinen 6:1 Verdichtung auf Lambda = 1 einstelle, ruckelt und spotzt der im Magerlauf wie die Sau, einfach weil die Wahrscheinlichkeit zu gering ist, dass sich die eigentlich im theoretisch richtigen (= stöchiometrischen) Verhältnis gemixten Reaktionspartner auch wirklich begegnen. Bei 6:1 bewegen die sich nämlich viel zu langsam im dazu noch ungünstig, weil schlitzartig geformten Brennraum, um sich ALLE zu treffen. D.h. trotz Lambda = 1 sind völlig unverbrannte Kohlenwaserstoffe "HC" und nur teilweise mit Sauerstoff reagierte Kohlenmonoxyde "CO" im Abgas. Je mehr ich hingegen die Verdichtung erhöhe, desto weniger von diesem Zeuchs verbleibt im Abgas und desto mehr saubere Verbrennungsprodukte Kohlendioxyd "CO²" und Wasserdampf "H²O " habe ich im Abgas. Da die Reinigungsrate des Katalysators festliegt, komme ich bei den scharfen Grenzwerten für das unsaubere Zeuchs nur noch über eine Verdichtungserhöhung zur Reduzierung dieses unsauberen Zeuchs: In den 2000ern reichte teilweise noch ein Kat mit Vergaser, dann mußte man ab 2006 mit einer Einspritzung für Lambda 1 sorgen, und da das jetzt alles ausgereizt ist, geht ab Euro 4 nix mehr ohne Verdichtungserhöhung.
10:1 und mehr führt bei einem rein luftgekühlten Motor aber unweigerlich zum Klingeln und Klopfen, beim Harley-V2 im hinteren Zylinder besonders gern. Deswegen haben die rein luftgekühlten bis TC in obiger Tabelle die 9:1 nie wirklich überschritten. Nur der wassergekühlte TC 103 kann gefahrlos 9,6:1 realisieren.Warum, ist in dem Link im Detail erklärt: Genau wie zu hohe Verdichtung führt auch glühende Ölkohle bzw. ein partiell glühender Gusseisenkopf (Sporty Ironhead! Knucklehead!) oder auch ein glühendes Auslassventil zur Überschreitung der notwendigen Zündenergie des Gemisches OHNE Zündkerze. Beim kalten Dieselmotor simuliere ich alle diese Glühdinger durch eine Glühkerze. Heißt also, beim TC bleibe ich mit 9:1 gerade noch unter der notwendigen Zündenergie, die mit dem glühenden Auslassventil zur Entzündung reichen würde.
Warum wird gerade das Auslassventil am heissesten im Brennraum?: Der Einlassventilteller wird beim Öffnen von kaltem Gemisch umspült, der Auslassventilteller hingegen von 1000 Grad heissem Abgas. Diese Hitze kann der Ventilteller nur in den anderen drei Takten über den Ventilsitz an den Zylinderkopf abgeben. Um bei Verdichtungen von 10:1 und mehr in diesen 3 Takten die Temperatur des Ventiltellers unter die Klingelzone zu drücken, muß ich den Zylinderkopf in dieser Gegend flüssigkühlen.
Foto 1: Bei den gut von vorne belüfteten Auslassventilen der Softails und unverschalten Tourern reicht eine Ölkühlung gerade des im Windschatten liegendnn hinteren Auslassventils,...
Foto 2: ...beim den verschalten Tourern geht es nicht mehr ohne Wasserkühlung, da Wasser viel mehr Wärme pro Volumen speichern kann als Öl. In beiden Fällen müsste eigentlich nur das hintere Auslassventil gekühlt werden.
Foto 3: Da man aber die Bohrungen weiter erhöhte, werden selbst bei einer bei Vierventilern zentral möglichen Zündkerze die Flammwege zu lang, was die Klingelgefahr schon wieder erhöht. Wohl auch um Luft für weitere Bohrungserhöhungen zu haben, gab man dem M8 gleich 2 Kerzen mit auf den Weg, was außerdem noch mehr Frühzündung und damit mehr Drehmoment bei höheren Drehzahlen erlaubt. Die Details der Zusammenhänge stehen oben im Link.
Nicht zuletzt die 4 Ventile /Zylinder erhöhen die Verwirbelung und damit die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Reaktionspartner treffen. Die müssen aber wohl auch das Fehlen der einen (Evo) bzw. der zwei Quetschkanten (TC) ausgleichen, die bisher für die Verwirbelung sorgten und für die bei 4 Ventilen kein wirklich großer Platz mehr ist. Der Hauptgrund der 4 Ventile scheint zu sein, die maximale Füllung und damit das maximale Drehmoment der immer größer werdenden Einzelhubräume wenigstens auf dem Drehzahlniveau der kleineren TC´s zu halten. Man kann sich denken, dass es länger dauert, wenn schlagartig in einem Ansaugtakt die Luft in 900 ccm und mehr strömen muß als in die 440 ccm der Sportster, die lehrbuchgerecht sind . "Länger dauert" heißt "bei niedrigerer Drehzahl". Je höher die ab der optimalen Füllungsdrehzahl wird, desto schlechter wird die Füllung. Dem wirkt man durch 4 statt 2 Ventile entgegen. Scharfe Nockenwellen können helfen, belasten aber die Mechanik über Gebühr (Garantiekosten!).
Foto 4: Überschneidung der Steuerzeiten führt ausserhalb der dafür optimalen Drehzahl zu sehr viel unverbranntem Benzin im Abgas genau wie beim Zweitakter, dessen Prinzip man hier in den Viertakter transferiert hat, weswegen die Hochleister immer mehr zu phasenverstellbaren Nockenwellen übergehen müssen und Harley ohne Überscneidung einfach den Hubraum erhöht.
Beinah hätte ich es vergessen: Jetzt habt Ihr auch den Grund, warum der M8 schon in der Serie nicht so ruckelt und spotzt wie der TC103: Bei beiden mixt die Einspritzung Lambda 1 zusammen, aber beim TC führt das wegen immer noch etwas zu niedriger Verdichtung wie beim Flatty in der Realität zum Magerlauf. Deswegen müssen klassische Motoren mit ihrer niedrigen Verdichtung fett (Lambda kleiner 1) eingestellt werden. Erst ab 10:1 erreicht man mit Lambda 1 bei so großen Einzelhubräumen sauberen Motorlauf. Das geht aber nur mit mindestens Teilflüssigkühling oder ...
Foto 5: ... man macht es wie Moto Guzzi und Honda bei der CB1100 mit Präzisionsluftkanälen direkt um die Auslassventile, genau wie es einst Bill Harley 1936 machte (siehe ein paar Freds weiter oben) Leider reicht Bill Harleys Methode für das hintere Auslassventil im Windschatten des vorderen Kopfes offensichtlich nicht. Beim neuen rein luftgekühlten (!) 2-Ventil (!)-V85-Motor von Guzzi sieht man direkt neben dem Einlass-Krümmerflansch zur Fahrzeugmitte hin einen von vorne kommenden (guckt nach!) ausgegrauten Kühlluftkanal ....
Foto 6: ...direkt an der Ventilführung des Auslassventils vorbei. Da der Motor neu konstruiert ist, scheint das auch noch für Euro 5 zu reichen.
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Der Rahmen der 2-Ventilboxer ist, nebenbei bemerkt, aus billigem ST57 Baustahl,scheint aber problemlos zu halten
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