Immerhin schon am Concept R18 zu sehen: BMW gibt sich erheblich mehr Mühe bei den Details wie Harley, damit die auch wirklich aussehen wie in den 30er Jahren:
Während Harley seinen aalglatten Druckguss aus der Stahlkokille mit billigem Kräusellack überjaucht, um die klassische rauhe Sandgussoptik zu erzeugen, strahlt BMW seinen Druckguss aufwendig mit Glasperlen , was einen wirklich authentisch wirkenden rauhen Sandgusslook wie bei den Zweiventilboxern erzeugt, und das eben in Alunaturfarbe wie vor dem Kriech, nicht unauthentisch schwarz wie bei heutigen Harleys.
Die Stösselstangen über den Zylindern ist original 30er wie bei der R5 , ganz großes Kino!
Die Zylinderköpfe müssen wegen der EU-5 (bzw. entsprechende California - Norm) mit obligatorischen 4-Ventilen bestückt und damit genauso quadratisch - klobig wie beim M8 sein. Wer diesen unvermeidlich modernen Look nicht will, muss zu Zweiventilboxern bzw. analog TC oder früher mit ihren schmalen langestreckten Ventilgehäusen greifen. Diesen Look zu kritisieren ist daher nicht sonderlich zielführend.
Der BMW - Softail-Rahmen mit der Cantileverschwinge ist optisch erheblich besser gelöst als bei M8 oder TC und auf dem Niveau des Evo-Softailrahmens, weil kein Versatz der Rahmenoberzüge zu Cantileveroberzügen. Bei der M8- Cantileverschwinge kommen noch die unsäglichen, weil nicht auf der Höhe der Rahmenunterzüge mündenden Schwingeunterzüge hinzu. Da hatte der TC-Softailrahmen an dieser Stelle noch Evo-Qualitäten.
Die "hautenge" Überwölbung von Anlasser und Magnetschalter links neben dem Getriebe ist ein unverständlich hässlicher Fauxpas, eine zur rechten Getriebeseite spiegelbildlich gestaltete Haube würde nicht mehr kosten. Eine erste Umsatzchance für die Wunderlichs und Siebenrocks dieser Welt.
Das sich Harley wie hier BMW mit der Authentizität der Scheinwerfergläser Mühe gibt, habe ich noch nicht gemerkt. Die BMW ist aber nur ne Studie, mal sehen, ob das in die Serie übernommen wird, genau wie der offenlaufende Kardan.
Und da sind wir bei den für die Serie zu erwartenden Abstrichen:
- mit solch offenlaufenden Kardangelenken hatte Guzzi jahrelang Schwierigkeiten, weil das Lagerfett bei Regen ausgewaschen wird wie bei einer Kette: Ein Kardan mit Kettenpflegeaufwand wäre ein Schildbürgerstreich , auch wenn er offen verchromt schon gut aussieht.
- an die Stelle der Vergaser muss ein mehr oder minder hässliches Luftfiltergehäuse, schon wegen Geräuschdämmung. Hoffentlich in glasperlengestrahltem Alu-Natur für eine Optik wie bei Boxer /5 - /7
- irgendwo müssen Instrumente hin, hoffentlich sehr dezent.
- wenn sie schlau sind, lassen die die klassischen Ansaugkrümmer mit der Optik der 30er bis 60er und verlegen ein zentrales Drosselklappengehäuse in den Luffikasten wie bei den aktuellen Guzzis.
Die Wünsche der deutschen BMW-Fahrer sind erheiternd, zeigen sie doch, dass die garnicht verstanden haben, dass sie als Zielgruppe nicht gemeint sind, genausowenig wie für die S1000RR. Diese Big-Boxer-Reihe soll Harley und Indian Kunden im Art-Deco-Segment abjagen, und das im Unterschied zu Indian mit einem Motor, der genauso authentisch 30er-Flair rüberbringt wie der M8-Motor, da bei beiden wesentliche technische Designeigenschaften ihrer Vorbilder R5 bzw. Knucklehead übernommen wurden. Harley bringt pro Jahr immer noch 240000 Maschinen an den Mann, eine Zahl von der BMW mit seinen 170000 nur träumen kann, zumal die Harleys alle mindestens 750 ccm haben (Marge!). Da will BMW offensichtlich hin. Wenn ihnen da "America first" mal keinen Strich durch die Rechnung macht ...
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„I don‘t like valves that look like golf tees. Intake valves should be the size of trash can lids, and pistons should be the size of manhole covers“ (Jay Leno)