Vielleicht kann man das Ganze mal wieder etwas versachlichen. Persönliche Angriffe oder gar das Lächerlichmachen eines Mitforisten helfen schließlich nicht wirklich weiter.
Zu meiner Dicken (Mj 2010) und zum Thema Qualität kann ich nur sagen:
1.) Gewindegänge im Rahmen müssen vor Zubehöreinbau mittels Gewindeschneider erst freigeschnitten werden, da komplett verrostet. (Korrosionsschutz fehlt hier vollständig).
2.) Lack vom Heckfender unter der Sitzbank bereits nach einem Jahr auf die Grundierung durchgescheuert, da dieser Bereich nicht entsprechend (z.B. durch eine Lackschutzfolie) geschützt ist.
3.) Schrauben am Motor korrodieren (sieht aus wie Fraß). Harley bietet hier für teures Geld fraßfreie Komplettschraubensätze an, anstatt diese gleich ab Werk zu verbauen.
4.) Schrauben an den Highweypegs und sonstigen Fußrasten weisen bereits nach drei Monaten in der Werkzeugaufnahme Rost auf.
5.) Sattelbag-Rails rosten bereits bei der Auslieferung, da die Rohre und Verstrebungen innen nicht versiegelt wurden. Hier platzt bei mir der Chrom bereits nach einem Vierteljahr trotz regelmäßiger Pflege ab.
6.) Heizgriffe bereits nach drei Monaten defekt, Austauschgriffe bereits nach zwei weiteren Monaten defekt. Übrigens ein bekanntes Problem, welches die MoCo einfach nicht abgestellt bekommt. Viele kaufen deshalb Heat Demons.
7.) Spiegel verstellen sich von selbst, da die Aufnahme am Kugelkopf einfach zu schwach dimensioniert ist.
8.) Schweißnähte am Rahmen wurden nicht sauber geschliffen, so dass sich an vorhandenen Schweißperlen bereits der Lack löst.
9.) Im Tacho sammelt sich Kondenswasser. Ein Austausch brachte auch keine Abhilfe.
Das sind einmal ein paar Mängel nach einem Jahr.
Da ich an diversen anderen BigTwins herumschraube, finde ich ähnliche Probleme auch bei diesen. Meine ist hier also definitiv kein Ausreißer. Letztens wollten wir an einer 2009er FLHX den Anbau von Motorschutzbügeln vorbereiten. Wir haben mit viel Schneidöl und Gewindeschneidereinsatz die Gewinde erst freilegen müssen. Das, was an Rostbrühe herauskam, war erschreckend. Eine einfache Wachsversiegelung, ein Verschluss der Gewindegänge durch eine Verschraubung oder ein Stopfen auf eben diesen Gewindegängen wäre sicherlich hilfreich gewesen. Bei einer weiteren Softail pulverisierten sich die Gummipuffer der Satteltaschenhalter bereits nach einem Jahr völlig grundlos....
Für mich stellt sich hier also sehr wohl die Frage, ob man bei einem Bike, was 22k€ gekostet hat, etwas so einfach kritiklos hinnehmen muss, nur weil es Kult ist. Ich bin da deutlich anderer Meinung. Und wir reden hier übrigens von Mängeln, die in der Fertigung durch geeignete Materialauswahl und mit verbesserter Qualitätssicherung durch wirklich geringen wirtschaftlichen Mehraufwand problemlos zu beheben sind.
Über soetwas ärgere ich mich, und da hilft mir persönlich auch kein Marken-Kult oder -Mythos weiter. Ich mag solche Mängel, "nur um dazu zu gehören", nicht wirklich hinnehmen. Auch fahre ich mein Bike schließlich nicht als Statussymbol, sondern weil ICH Spaß daran haben möchte. Gerne akzeptiere ich dann auch den Mythos und den Kult als "Zubehör". Aber vorher muss die Produktqualität stimmen. Ansonsten empfinde ich das Ganze nur als Augenwischerei.
Meine Kaufentscheidung für die Harley lag darin, ein urwüchsiges, technisches allerdings ordentlich konstruiertes Bike (und ich meine hiermit definitiv nicht den neuesten Stand der Technik; das können andere besser!) sowie der Optik eines klassischen Motorrades haben zu wollen. Da ist Harley für mich nach wie vor der NOCH einzige Hersteller, der mir dieses Paket liefern kann. Ich stehe deshalb auch heute NOCH zu der Kaufentscheidung, weil mir meine Dicke einen Riesenspaß bereitet und mich eben dieses urwüchsige Gefühl Landmaschinen-Charakter fasziniert, welches andere Hersteller einfach kaputtoptimiert haben. Ob ich allerdings bei dieser Fertigungsqualität nochmals eine Harley kaufen würde, wenn es bspw. Polaris gelingt, mit der Marke Indian ein Bike ohne die oben geschilderten Mängel, aber in bewährter klassischer Optik auf die Räder zu stellen, wage ich zu bezweifeln.
Was die Victorys angeht, gibt es nur ein Bike, welches mir annähernd gefällt, und das ist die Highball, die mit geringem Aufwand (Veränderung von Heckfender, Auspuff und Scheinwerfer) in ein geiles Bike verwandelt werden kann. Alles andere sieht aus, wie von einem anderen Stern. Sollte es hingegen aus dem Mutterhaus irgendwann eine technisch ausgereifte Chief Vintage geben, ist für mich Harley nach den bisherigen Erfahrungen Geschichte. Bei mir jedenfalls hat sich somit das definitiv geniale Harley-Marketing bis heute noch nicht verfangen, und dafür, dass das leider so bleibt, sorgen solche völig unnötigen Macken, wie oben aufgezeigt.